Der Rechtsextremist André M. verschickte Dutzende Anschlagswarnungen innerhalb eines halben Jahres. Jetzt steht die Anklageschrift, Der Fall wirkt selbst im wilden Spektrum rechtsextremer Kriminalität bizarr. Insgesamt 87 Bombendrohungen soll der Hitler-Fan André M. mit dem Pseudonym „National Sozialistische Offensive“ zwischen Oktober 2018 und April 2019 bundesweit per Mail verschickt haben, teils mit gravierenden Folgen. Im Januar 2019 räumte die Polizei die Justizzentren in Potsdam und Wiesbaden, die Oberlandesgerichte in Köln, Naumburg und Schleswig sowie die Landgerichte in Magdeburg, Erfurt und Kiel. Im März wurden der Hauptbahnhof Lübeck, das Finanzamt Gelsenkirchen und das Rathaus in Flensburg evakuiert. Die Polizei suchte mit Spürhunden die Areale ab, fand allerdings nichts. Im April 2019 nahm die Polizei André M. in Halstenbek fest, einem Vorort von Hamburg. Seitdem sitzt der heute 31-jährige Mann in Untersuchungshaft. Jetzt gibt es eine Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Es geht um mehr als 100 Delikte. (…) In einem Schreiben habe M. angekündigt, bundesweit Briefbomben zu verschicken, Bürger auf offener Straße hinzurichten und den biologischen Kampfstoff Rizin einzusetzen, sagen Sicherheitskreise. Und M. habe Kinderpornografie eingesetzt. Drohungen gingen zudem bei Medien ein. (…) Die Behörden gehen davon aus, dass André M. der Hauptakteur der „Offensive“ war. Der vorbestrafte Mann gilt schon länger als Psychopath. 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht Pinneberg wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung und weiteren Delikten zu neun Monaten Jugendstrafe auf Bewährung. 2007 folgte eine Jugendstrafe von elf Monaten, auch auf Bewährung, weil M. Anleitungen zum Bau von Bomben veröffentlicht und bei 23 Autos Reifen zerstochen hatte. 2008 gab es dann beim Landgericht Itzehoe eine Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren. André M. hatte mit Kumpanen ein Fahrzeug abgebrannt. Die Clique zerstörte auch mit selbst hergestelltem Sprengstoff einen Zigarettenautomaten. (…) Der Mann radikalisierte sich politisch offenkundig über das Internet. Im sogenannten Deep Web, einer schwer zugänglichen Sphäre, soll er bei einem Forum aktiv gewesen sein, das auch der Attentäter David Sonboly nutzte. Der junge Rechtsextremist erschoss im Juli 2016 in München neun Menschen aus rassistischem Hass. Sonboly hatte sich die Tatwaffe über die Plattform „Deutschland im Deep Web“ (DiDW) beschafft. André M. soll in dem Forum als „Sturmsoldat“ aufgetreten sein. Bei DiDW soll M. auch an einen oder mehrere weitere Fanatiker geraten sein.

via tagesspiegel: Manisch anmutender Hass 87 Bombendrohungen von Hitler-Fan André M.