In seinem Auftreten vor dem Amtsgericht Görlitz änderte der Angeklagte zunächst seine Strategie. Es folgten eine Unterbrechung, Rechtsgespräche – und dann ein abrupter Abbruch. In der Verhandlung gegen den 62-jährigen Görlitzer „Reichsbürger“ am Amtsgericht Görlitz hätte eigentlich am Montagvormittag ein Urteil fallen sollen. Doch sie endete abrupt mit einem medizinischen Notfall − laut eigener Aussage des Angeklagten hatte dieser versucht, sich zu suizidieren. Der Mann stand wegen zahlreicher Straftaten vor Gericht − ursprünglich handelte es sich um 21 Tatvorwürfe, zumeist Bedrohungen, Beleidigungen, Diebstahl, Fahren ohne Führerschein, fahrlässige Körperverletzung, versuchte Nötigung, Hausfriedensbruch und illegaler Waffenbesitz. Durch eine Flucht nach Spanien hatte er versucht, sich der Justiz zu entziehen, wurde geschnappt, saß in Untersuchungshaft. An den vorherigen Verhandlungstagen hatte der Angeklagte vereinzelt Taten zugegeben und sich dafür entschuldigt (…) Beim letzten Verhandlungstag am Montag trat er nun völlig anders auf. Er gab zu Beginn eine Erklärung ab: Er habe sich vereinnahmen lassen von einer Vereinigung namens „Amt für Menschenrechte“, die der Reichsbürger-Szene zuzuordnen ist. Deren Info-Treffen habe er besucht, bei der sich die Vertreter als „Exilregierung vom Deutschen Reich in Görlitz“ vorgestellt hätten und behauptet hätten, dass „die BRD nicht existiert“. Er sei da irgendwie „reingerutscht“ und könne sich „nur entschuldigen für den ganzen Blödsinn“ (…) Nach einer längeren Unterbrechung der Sitzung einigten sich das Gericht und die Beteiligten in Rechtsgesprächen darauf, noch folgende Anklagepunkte übrigzulassen: Bedrohung eines Polizisten und eines Staatsanwalts, das Tragen einer „Hells Angels“-Kutte, einen Droh-Anruf bei einer Polizistin sowie der illegale Besitz mehrerer Schusswaffen, darunter eine halbautomatische Taschenpistole und einen Elektroschocker. Die Staatsanwaltschaft schlug für diese Taten eine Freiheitsstrafe von acht bis zehn Monaten vor, Verteidiger Till Weckmüller aus der Freiburger Kanzlei von Dubravko Mandic schlug eine Geldstrafe von 250 bis 300 Tagessätzen vor, Richter Steffen Oehlschlägel setzte eine Freiheitsstrafe von fünf bis acht Monaten als Verhandlungsgrundlage an − unter der Bedingung, dass sich der Angeklagte geständig zeige. Notarzt wurde gerufen Doch dazu kam es nicht. Als die Verhandlung nach der Unterbrechung wieder fortgesetzt wurde, erschien der Angeklagte sichtlich angeschlagen. Während die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift verlas, nickte er mehrfach ein, musste von den Justizbeamten geweckt werden. Auf diese Art wachgerüttelt, erklärte er schließlich, in das Getränk, welches er in der Pause zu sich genommen hatte, zwei Tabletten beigemischt zu haben, um sich zu suizidieren. Ein Notarzt wurde gerufen, die Verhandlung abgebrochen − ob und wann sie fortgesetzt werden kann, ist noch unklar.

via sächsische: Görlitzer „Reichsbürger“-Verfahren unterbrochen – wegen mutmaßlichem Suizid-Versuch


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