Die umstrittene Software Palantir soll der Polizei in Deutschland eigentlich zur Abwehr schwerer Gefahren dienen, etwa von Terroranschlägen. Nach Recherchen von NDR, WDR und SZ wird sie häufig auch bei anderen Anlässen genutzt. Die Software Palantir macht international von sich reden. Sie wird von US-Behörden genutzt, um Migranten aufzuspüren und abzuschieben. Die Software hat Zugriff auf verschiedene Datenbanken, verknüpft Informationen und wertet sie mit künstlicher Intelligenz aus. In den USA ist Palantir damit zu einem wichtigen Werkzeug im Rahmen weitreichender staatlicher Analyse und Überwachung geworden. Auch in einigen Bundesländern in Deutschland wird eine stark abgespeckte Version von Palantir genutzt. Offizielles Ziel des Einsatzes der Software hierzulande: die Terrorabwehr und die Abwehr schwerer Gefahrenlagen. (…) WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung erhielten nun erstmals Einblick in die Häufigkeit und Art der Straftaten, wofür die bayerische Polizei die Software tatsächlich nutzt. Doch dabei geht es nicht nur um die Verhinderung großer Anschläge oder die Abwehr schwerwiegender Gefahren. (…) Viele Einträge deuten auf Großlagen hin: Eine Abfrage beispielsweise stammt vom 5. September 2024, der vermerkte Grund für die Gefahr lautet: “Leib, Leben oder Freiheit einer Person”. An dem Tag ereignete sich der Anschlag in München auf das israelische Generalkonsulat, der in einem Schusswechsel zwischen einem 18-jährigen Österreicher bosnischer Abstammung und Polizisten endete.Und auch am 20. Dezember 2024 ist ein VeRA-Einsatz vermerkt: Es ist der Tag, an dem ein saudi-arabischer Arzt in Magdeburg mit einem Auto in eine Menschenmenge raste, sechs Menschen starben, hunderte wurden verletzt. An diesem Tag nutzte das bayerische Landeskriminalamt VeRA, der vermerkte Gefahrenlage: “Bestand oder Sicherheit des Bundes oder eines Landes.”Insgesamt fast hundert Mal wurde die Software in Bayern im fraglichen Zeitraum angeworfen. Doch große Gefahrenlagen stellen nicht die Mehrzahl der Palantir-Einsätze dar. Mehr als zwanzig Mal ging es um andere Zwecke, etwa Straftaten im Bereich “Eigentums- und Vermögenswerte” oder andere Straftaten. “Das kann auch der bandenmäßige Fahrraddiebstahl sein oder Geldautomatensprenger”, so Benjamin Adjei, Grünen-Politiker aus München, der die Liste der Palantir-Einsätze als Antwort einer kleinen Anfrage im Landtag erhalten hat.”Es ist völlig klar, dass man in einer großen Gefahrenlage auf alles zurückgreift, was man hat. Natürlich auch Palantir”, so Adjei. Für ihn zeigt die Liste allerdings, dass es häufig gar nicht darum geht. “Es wird auch für deutlich weniger gemeingefährliche Situationen genutzt, und das besonders oft”, so Adjei.
via tagesschau: Polizei-Ermittlungen Wird die Palantir-Software unangemessen genutzt?
siehe auch: Big Data: Deutsche Polizisten nutzen Palantir auch bei Eigentumsdelikten Die Software Gotham der US-Firma Palantir soll die Polizei etwa bei der von Anschlägen unterstützen. Doch eingesetzt wird sie sogar bei Eigentumsdelikten. Bundesländer wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen nutzen unter verschiedenen Namen eine eingeschränkte Version der Big-Data-Software Gotham des umstrittenen US-Konzerns Palantir. Die zuständigen Politiker begründen dies damit, dass die Datenanalyse der Polizei helfe, schwere Gefahren wie Terroranschläge abzuwehren oder diese aufzuklären. In Bayern wurde die entsprechende “verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform” (VeRA) fast hundertmal zwischen September 2024 und Mitte Mai genutzt. Doch bei über zwanzig dieser Fälle ging es um andere als die genannten Zwecke – nämlich etwa um Straftaten im Bereich “Eigentums- und Vermögenswerte”. Das geht laut einem Bericht von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung aus der Antwort der bayerischen Regierung auf eine Anfrage des Sprechers der bayerischen Grünen-Fraktion für Digitalisierung, Benjamin Adjei, hervor. Viele Einträge deuten demnach auf große Gefahrenlagen hin. Doch das System werde eben auch “für deutlich weniger gemeingefährliche Situationen genutzt, und das besonders oft”, moniert der Informatiker Adjei. Bei den genannten Eigentumsstraftaten könnte es sich etwa um bandenmäßigen Fahrraddiebstahl oder Geldautomatensprenger handeln. Auch der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri ist besorgt: Wenn die Polizei VeRA routinemäßig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten einsetze, würden massenhaft unbescholtene Menschen dem Risiko polizeilicher Maßnahmen ausgesetzt.
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