Ob anlasslose Kontrollen, die Befragung von Menschen oder die Bewertung von Gefahren: Viele Routine-Aufgaben der Polizei begünstigen rassistische Diskriminierung. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Im Arbeitsalltag von Polizistinnen und Polizisten finden sich einer neuen Studie zufolge zahlreiche Abläufe und Routinen, die rassistische Diskriminierung begünstigen. Forschende in Niedersachsen hätten fünf polizeiliche Aufgabenfelder identifiziert, in denen allein durch die eingeübten Arbeitsabläufe das Risiko für eine Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund steige, sagte Astrid Jacobsen, Professorin der Polizeiakademie Niedersachsen und Leiterin der Studie. Das Diskriminierungsrisiko sei etwa bei anlasslosen Kontrollen, Gefahrenbewertungen oder der Befragung von Personen gegeben, so Jacobsen. Dabei stütze sich die Polizei häufig auf ethnische Zuweisungen und Stereotype.Zentraler Fokus der Studie seien die Arbeitsprozesse der Polizei und nicht wie in vielen weiteren Untersuchungen die persönlichen Einstellungen von Beamtinnen und Beamten gewesen, betonte die Professorin. Rassistische Diskriminierungen bei anlasslosen Kontrollen resultierten etwa daraus, dass sich die Beamten mangels anderer Kriterien auf Erfahrungen und polizeilich erstellte Lagebilder stützten, berichtete Jacobsen.Wenn diese ergäben, dass am Bahnhof meistens junge Albaner Kokain verkauften, richte sich die polizeiliche Aufmerksamkeit zur Bekämpfung des offenen Drogenhandels auf Personen, die migrantisch aussähen. Diese Praxis der “rassifizierenden Kontrollen” berge die Gefahr eines Tunnelblicks und der selbsterfüllenden Prophezeiung. Jede einzelne erfolgreiche Kontrolle bestätige das Verdachtsschema.
via tagesschau: Studie zu Racial Profiling Polizei-Routinen begünstigen Diskriminierung
siehe auch: Struktureller Rassismus bei der Polizei: Das sind die Risikopunkte. Forschende haben erstmals Risikopunkte in der Polizeiarbeit ausgemacht, die strukturellen Rassismus begünstigen können. Für die Studie der Polizeiakademie Niedersachsen wurden Polizisten ein Jahr lang im Alltag begleitet. Die Forscher haben zwölf Risikopunkte in der Polizeiarbeit ausgemacht, die mögliche Diskriminierung begünstigen – fünf davon seien als rassistisch anzusehen, teilte die Polizeiakademie am Montag mit. So sei beim Streifendienst der Kriminal- und Bereitschaftspolizei in Niedersachsen bei der Beobachtung zwischen den Jahren 2021 und 2022 festgestellt worden, dass ausländisch gelesene Menschen deutlich stärker von polizeilichen Kontrollen betroffen seien als andere, sagte Astrid Jacobsen, Soziologin und Professorin an der Polizeiakademie Niedersachsen. “Wir konnten beobachten, wie pauschal gesucht wurde nach Albanern, die mit Kokain handeln”, so Jacobsen. Studie: Ethnische Pauschalisierungen für Bewertung von Gefahren verwendet Es geht laut der Forscherin aber auch um die Bewertung von Gefahren, bei denen ethnische Pauschalisierungen verwendet wurden. So würden “Südeuropäer als impulsiv, Russen als gewaltbereit, Clan-Angehörige als unkooperativ und polizeifeindlich gelten”. Durch gewisse Stereotype könne es sein, dass vor Ort dann schnelle Lösungen durch Härte und Dominanz gewählt werden würden, so die Polizeiforscherin. Pauschale Unterstellungen bei bestimmten Personengruppen Moralische Werturteile über bestimmte Nationalitäten und Kommunikationsstörungen aufgrund von Sprachbarrieren sehen die Forschenden als weitere Risikofaktoren für rassistische Diskriminierung bei Polizisten. Bestimmten Personengruppen werde von Beamten außerdem pauschal unterstellt, dass sie die polizeiliche Autorität infrage stellten, etwa linken Aktivistinnen und Aktivisten, sowie jungen Männern mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund, sagte Jacobsen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Polizisten sich gegenüber diesen Personengruppen grundsätzlich machtbetont verhalten würden.