Ein milliardenschwerer Unternehmer macht Meinung und mit Julian Reichelts Krawall-Format gemeinsame Sache. Reden will er darüber nicht. Auch nicht über seine Kontakte in die Politik. Die Welt ist düster durch die Augen von Julian Reichelt. “Linke Ideologen” und “grüne Sozialisten” bedrohen das Land. Sie wollen Weihnachten zerstören. Sie wollen Deutschland ins soziale Elend stürzen. Ganz zu schweigen von der Kriminalität. Und den Migranten. Gibt es die Demokratie in Deutschland noch? Man könnte es mit der Angst zu tun bekommen. Nach seinem Ende als Chefredakteur der “Bild” wegen seines Umgangs mit Frauen tobt Reichelt sich in sozialen Netzwerken aus. Die Videos, die er und sein Team für YouTube produzieren, sind eine Dauerwerbesendung gegen Rot und Grün und ein Trommelfeuer auf die CDU, nach rechts zu rücken. (…) Über die Finanzierung und weitere Pläne seines YouTube-Projekts ist wenig bekannt, dabei verschlingt das inzwischen gut 30-köpfige Team jeden Monat Unsummen. Werbe- oder Abo-Einnahmen hat es nicht. Unterstützung kam und kommt aber von reichen und konservativen Unternehmern mit besten Verbindungen in die Partei, die nach rechts gerückt werden soll. t-online ist den Verbindungen gefolgt. Und traf immer wieder auf Menschen, die lieber nicht zu viel sagen wollen. In einem Nobelrestaurant beginnt die Spurensuche. Weil er damit Kindheitserinnerungen verbunden hat, kaufte ein Koblenzer Unternehmer sich das “Fährhaus” am Moselufer und baute das Hotel aufwendig um. Der Unternehmer ist Frank Gotthardt, 72, ein Mann mit eindrucksvoller Lebensleistung. Als Gründer der CompuGroup hat er ein Milliardenvermögen erwirtschaftet. (…) Ende 2021 gründete der Ex-“Bild”-Chef in Koblenz bei Gotthardts Notar ein Unternehmen, das Grundlage der YouTube-Offensive wurde: die Rome Medien GmbH. In Gotthardts Restaurant trafen sich der Milliardär und der Journalist dann, t-online machte die Verbindung exklusiv öffentlich. Dazu passten weitere Informationen: Die Rome Medien zog bei der CompuGroup vermeintlich “temporär” als Untermieter ein. Heute teilt sie sich Adresse und Notar mit einer weiteren Medienunternehmung Gotthardts: “Vius”. Da führen wieder Spuren ins Nobelrestaurant: “Vius”, was so klingt wie das englische “Views”, die Zahl von Abrufen eines Videos, hat ein Manager von Gotthardts “Fährhaus” als Marke angemeldet. Er wollte das auch für “Nius” tun, gesprochen wie das englische “News”. Doch das scheiterte am Widerspruch des italienischen Medienmoguls und Rechtspopulisten Silvio Berlusconi: Seine Mediengruppe sah Verwechslungsgefahr mit einem eigenen Titel. Eine Gotthardt-Firma Nius SE wurde prompt zur Vius Management SE. Zwei der drei Aufsichtsräte kommen aus Koblenz, ein früherer Thyssen-Krupp-Vorstand und der Inhaber einer internationalen Werbeagentur. Der dritte ist Magnus Graf Lambsdorff, Neffe des früheren Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff, Personalberater und früherer FDP-Landesvize in Hamburg. Post für Vius geht aber nach Berlin, die Firma teilt sich sogar den Briefkasten mit Reichelts Rome Medien. (…) Klar ist, dass Gotthardt gut in der CDU vernetzt ist. Er war Vorsitzender des Wirtschaftsrats der CDU in Rheinland-Pfalz. Das ist keine offizielle Untergliederung der Partei. Die einflussreiche Lobbygruppe besitzt aber beim Bundesvorstand Gastrecht. Zeitweise trat der Wirtschaftsrat wie ein Unterstützerverein auf, um Friedrich Merz an die Spitze der Partei zu bringen. Vize-Sprecher des Wirtschaftsrats in der Region Koblenz ist Hans-Jörg Assenmacher – der Notar von Gotthardt und Reichelt. Von ihm, dem Wirtschaftsrat und von Merz und Gotthardt ist es nicht weit zu anderen CDU-Politikern.

via t-online: Comeback des Ex-“Bild”-Chefs Die CDU-Verstrickungen des Julian Reichelt