#Studie zum sogenannten #Hitler-#Putsch – 1923 Beun­ru­hi­gendes Ums­turz­fieber in den baye­ri­schen Eliten

Der Historiker Wolfgang Niess zeigt, wie sich bayerische Eliten mit Teilen der Reichswehr gegen die Berliner Regierung verschworen. Am Ende stand Hitlers kläglicher Bierkellerputschversuch. Sebastian Felz hat die exzellente Studie gelesen. Am sogenannten Hitlerputsch waren erheblich mehr Akteure aus Politik, Justiz, Wirtschaft und Militär beteiligt, als der öffentlichen Erinnerung bewusst sind. “Halb Bayern”, also “brave Bauern, Bürger, Polizeibeamte, Richter, Staatsanwälte und Amtsträger in der Verwaltung”, wollte den Umsturz, schreibt der Historiker Wolfgang Niess in seinem neuen Buch “Der Hitlerputsch 1923”. “Ein genauer Blick auf die Diktaturbestrebung des Herbstes 1923”, zeige, so Niess, “wie wenig die gängige Formel, die Extremisten von links und rechts” hätten die Republik zerstört, der Wirklichkeit gerecht werde.  Das Geschehen des Herbstes 1923 verdeutlicht vielmehr ein beunruhigendes Umsturzfieber in der Mitte der bayerischen und reichsdeutschen Eliten. Die Ablehnung der Demokratie personifizierte sich nicht allein in der Person Adolf Hitlers. Dem Putschversuch gingen langjährige politische und juristische Auseinandersetzungen zwischen der Zentralregierung in Berlin und Bayern voraus. (…) Das Zögern Seeckts zeigte auch in München Wirkung. In einer Besprechung am 6.11.1923 stellte Kahr klar, dass das Signal zur nationalen Diktatur aus Berlin kommen müsse. Auch standen nun in Sachsen und Thüringen Reichswehrverbände, die einen “Marsch auf Berlin” zu einem unkalkulierbaren Risiko machten, da den bayerischen Verschwörern nicht klar war, wie sich die Reichswehrverbände bei einem Vormarsch auf Berlin aus Bayern heraus verhalten würden, wenn von Seeckt nicht hinter ihnen stand. Hitler kannte die Gedankenspiele des Triumvirats nicht. Er glaubte, dass Kahr und Co der Mut verloren gegangen war. Getrieben von politischer Selbstüberschätzung als auch von den finanziellen Schwierigkeiten seine SA-Truppen bezahlen zu müssen, wollte er am 8.11.2023 die Versammlung der bayerischen Politikelite im Bürgerbräukeller nutzen, um das Triumvirat zum Putsch zu zwingen. Dieser Entschluss am 6.11.1923 markiert den Beginn des sogenannten Hitler-Putsch, der dann am 9.11.1923 um die Mittagszeit im Kugelhagel vor der Feldherrenhalle zusammengeschossen wurde.  Der Mythos des “Hitler-Putsches” wurde jedoch im Prozess gegen die Hochverräter vor dem Volksgericht München I geboren. Der Agitator nutzte den Gerichtssaal als Bühne für Propaganda und Selbstmystifizierung als Hauptdarsteller in einem Hochverratsstück, dass andere Personen geschrieben, aber nicht aufgeführt hatten. Nun nahmen Kahr, Seißer und Lossow gerne die Rolle der Statisten ein, auch wenn sie dafür verspottet wurden. Wolfgang Niess hat in beeindruckender Dichte die Vorgeschichte des 9. November 1923 beschrieben. Sie beginnt schon als Adolf Hitler im Mai 1913 in München ankommt und später im Nachkriegsbayern als Demagoge aufsteigt. Niess zeichnet das bigger picture des letzten gewaltsamen Umsturzversuches der Republik von Weimar, welcher nicht nur der Putsch Hitlers und der NSDAP war.

via lto: Studie zum sogenannten Hitler-Putsch 1923 Beun­ru­hi­gendes Ums­turz­fieber in den baye­ri­schen Eliten

Bundesarchiv Bild 119-1426, Hitler-Putsch, München, Odeonsplatz.jpg
Von Bundesarchiv, Bild 119-1426 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link