Ex-Soldat Patrick J. hat über viele Jahre rechtsextreme Verdachtsfälle unter seinen Kameraden gemeldet. Die Bundeswehr stellte ihn als Querulanten dar. Ein Gericht gibt ihm jetzt recht. Am Telefon klingt Patrick J. erleichtert, als er von dem neuesten Gerichtsurteil rund um seine Auseinandersetzung mit der Bundeswehr erzählt. Und kämpferisch. “Das ist jetzt der Anfang der Klärung”, sagt er. “Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass die Bundeswehr zukünftig mit Meldungen angemessen umgeht und Meldende nicht willkürlich Repressionen ausgesetzt werden.” Vor wenigen Tagen hat er die Nachricht bekommen, dass das Verwaltungsgericht in Berlin der Bundeswehr untersagt, ehrverletzend über ihn zu sprechen. Es ist ein erster Sieg in einer jahrelangen Auseinandersetzung des früheren Soldaten Patrick J. mit der Bundeswehr. In diesem Streit geht es um die Frage: Wie ernst nimmt die Bundeswehr Hinweise auf Rechtsextreme in den eigenen Reihen? Wie konsequent werden sie verfolgt? Und: Wie gehen sie mit Hinweisgebern um? Weg nach oben Patrick J. war ein Soldat, der Karriere bei der Bundeswehr machen wollte. Sein erklärtes Ziel war das KSK, das Kommando Spezialkräfte, eine Truppe von Elitesoldaten. Er schlug den vorgeschriebenen Weg ein und tat alles dafür, seinem Traum vom Spezialsoldaten näherzukommen. Und die Bundeswehr unterstützte ihn in diesem Vorhaben. Bis Patrick J. als Kommandofeldwebelanwärter in Pfullendorf unbequem wurde. Zumindest in den Augen mancher Vorgesetzter. So erzählt er es. Rechtsextreme in der Truppe Denn Patrick J. will schnell erkannt haben, dass einige seiner Kameraden nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung standen. Er meldete zunächst einige wenige Verdachtsfälle von Rechtsextremen in Pfullendorf, später immer mehr. “Das Wort Jude wurde als Schimpfwort genutzt”, sagt Patrick J. Bücher des Schriftstellers Ernst Jünger kursierten. Jünger gilt als ein intellektueller Wegbereiter der Nationalsozialisten, obwohl er der NSDAP nie beitrat. Aussagen, die auch von den Pegida-Demonstranten in Dresden hätten stammen können, seien an der Tagesordnung gewesen, sagt J. Zudem fand er in sozialen Netzwerken zahlreiche Soldaten, die mit Rechtsextremen vernetzt waren, die selbst rechtsextreme Inhalte teilten oder rechte Inhalte mit “gefällt mir” markierten. Doch die Bundeswehr tat mit diesen Hinweisen nicht das, was J. erwartete. Statt die Betreffenden genau zu überprüfen und gegebenenfalls zu suspendieren, erlitt er nach eigenen Angaben Repressalien. Die Bundeswehr machte seine vertraulichen Hinweise innerhalb der Kaserne öffentlich, andere Kameraden erhoben plötzlich schwere Vorwürfe gegen ihn. Patrick J. galt fortan als Nestbeschmutzer. Der Höhepunkt der Auseinandersetzung war 2018 erreicht. Die Bundeswehr leitete ein Entlassungsverfahren gegen Patrick J. ein, in dem sie die von ihm gemeldeten Verdachtsfälle als “haltlos und unbegründet” darstellte. (…) Die Entscheidung des Gerichts liest sich wie eine Ohrfeige für die Bundeswehr. Denn aus der Begründung geht hervor, dass der Militärische Abschirmdienst (BAMAD), der Nachrichtendienst der Bundeswehr, die gut 100 Meldungen von Patrick J. gar nicht überprüft hatte. J. hatte ein detailliertes Dossier erstellt, mit Belegen von Soldaten, die rechtsextreme Inhalte bei Instagram oder X geliked hatten – und vieles mehr. Offenbar ignorierte die Bundeswehr all dies.
via t-online: Gericht urteilt gegen Bundeswehr Kritischer Soldat wurde zu Unrecht abgestraft