Hetze und Lügen beim Twitter-Nachfolger X: „Elon Musk unterstützt Hass und Rassismus“

Twitter-Nachfolger X verklagt die Organisation CCDH, die Hass und Falschinformationen dokumentiert. Ein Interview mit deren Gründer über toxische Plattformen, Gegenmittel – und Kanye West. Der Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, hat kürzlich eine Klage gegen die britisch-amerikanische Organisation CCDH (Center for Countering Digital Hate) eingereicht, die sich gegen Hass und Falschinformation engagiert und deren Umfang dokumentiert. X-Chef Elon Musk wirft dem CCDH vor, dem Geschäft seiner Social-Media-Plattform geschadet zu haben. Das wurde am Dienstag dieser Woche bekannt. Die Tagesspiegel-App Aktuelle Nachrichten, Hintergründe und Analysen direkt auf Ihr Smartphone. Dazu die digitale Zeitung. Hier gratis herunterladen. Im Tagesspiegel-Interview schildert der Gründer des Zentrums gegen digitalen Hass, Imran Ahmed, wie stark Verunglimpfungen, Rassismus und Lügen bei Twitter unter Musk zugenommen haben, was die Rückkehr des umstrittenen Musikers Ye/Kanye West auf die Plattform bedeutet und wieso andere Dienste wie Instagram besser mit dem Thema umgehen. Und er erklärt, wieso er davon überzeugt ist, dass Musk ihn und andere Kritiker nicht zum Schweigen bringen wird. Zur Person © Imran Ahmed / Center for Countering Digital Hate Imran Ahmed ist der Gründer und Geschäftsführer des Center for Countering Digital Hate (CCDH). Die britische Non-Profit-Organisation hat Büros in London und Washington, D.C., und setzt sich für den der Schutz der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten im Internet ein. Imran Ahmed hat einen MA in Sozial- und Politikwissenschaften von der Universität Cambridge. Er lebt in Washington DC und twittert unter @Imi_Ahmed. Das Interview wurde schriftlich geführt. Herr Ahmed, Ihre Untersuchungen und Veröffentlichungen haben gezeigt, dass die Menge an Hassreden und Desinformationen zugenommen hat, seitdem Elon Musk im Oktober 2022 Twitter übernommen hat, welches kürzlich in X umbenannt wurde. Wie würden Sie Ihre wichtigsten Erkenntnisse zusammenfassen? Die Berichterstattung des CCDH hat gezeigt, dass der Umfang der Tweets, die Verunglimpfungen enthalten, seitdem um bis zu 202 Prozent gestiegen ist. Tweets, die LGBTQ+-Personen mit „Grooming“ in Verbindung bringen, also der Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen, haben sich mehr als verdoppelt. Inhalte und Accounts, die den Klimawandel leugnen, haben stark zugenommen. Und bei Twitter-Blue-Abonnenten wird nicht gegen den Hass vorgegangen. Ende 2022 hat Musk ja auch den Vertrauens- und Sicherheitsrat von Twitter aufgelöst, in dem externe Fachleute das Unternehmen zu Themen wie Online-Sicherheit, Menschenrechten und dem Umgang mit sensiblen Themen beraten hatten… Das hat zu einer raschen Vergiftung der Plattform geführt. In ihrer Rücktrittserklärung haben ehemalige Mitglieder des Rates Ergebnisse unserer Arbeit zitiert. Wir alle wissen, dass Elon Musk seit der Übernahme der Plattform Neonazis, weiße Rassisten und bekannte Verbreiter von Desinformationen mit offenen Armen bei X willkommen heißt. Imran Ahmed Seitdem Musk Twitter leitet, schränkt er den Zugang zu den Daten für externe Forscher ein, wodurch es immer schwieriger wird, das Ausmaß von Hassreden und damit zusammenhängenden Vorfällen nachzuweisen. Welche Art von Daten standen Ihnen zur Verfügung, um zu Ihren Schlussfolgerungen zu gelangen? Unter der Führung von Musk hat X Schritte unternommen, um Forschern den freien Zugang zu seiner Anwendungsprogrammierschnittstelle zu verwehren, die Forscher zur Datenerfassung nutzen. Am Dienstag haben drei Politiker der US-Demokraten, Lori Trahan, Adam Schiff und Sean Casten, einen Brief an Musk geschrieben, in dem sie die „feindselige Haltung“ von X gegenüber unabhängigen Forschungsbemühungen anprangerten und die Transparenzpolitik des Unternehmens in Bezug auf die Einschränkung des Datenzugangs infrage stellten. Während dies die zweite derartige Anfrage dieser Gesetzgeber an X war, da ihr Brief vom März unbeantwortet blieb, war das CCDH auf der anderen Seite unglaublich transparent, wenn es um die Methodik hinter unserer faktenbasierten Forschung ging. Wir werden auch weiterhin Social-Media-Unternehmen, die Hass und Desinformation in der Öffentlichkeit verbreiten, zur Rechenschaft ziehen.

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