Russische Söldnerarmee Wagner :Privat nur auf dem Papier

Söldner sind in Russland eigentlich verboten, trotzdem wurde die Wagner-Gruppe vom Staat gegründet. Was steckt hinter dem „privaten“ Militärgeschäft? Die Wagner-Gruppe existiert seit zehn Jahren, obwohl das russische Gesetz Söldnertum mit Haft von vier bis acht Jahren bestraft. Es ist nach dem Decknamen seines Anführers benannt – es handelt sich um den Oberstleutnant der Reserve Dmitri Utkin, der an beiden Tschetschenienkriegen in den Reihen der GRU-Spezialeinheiten (GRU ist die Abkürzung für den russischen Militär-Nachrichtendienst, Anm. d. Red.) teilgenommen hat. Utkin, 1970 geboren, wählte diesen Decknamen aufgrund seiner Bewunderung für Nazi-Deutschland. Im Internet findet man ein Foto von ihm, auf dem über dem rechten Schlüsselbein eine SS-Blitze-Tätowierung mit zu sehen ist. Auf der Brust dazu ein Adler mit Hakenkreuz, das Staatswappen des Dritten Reiches. Darüber hinaus warb Utkin einem seiner Kämpfer zufolge während der ersten ukrainischen und syrischen Feldzüge gezielt Anhänger des russische Neuheidentums, eine religiöse Strömung, um den vorchristlichen slawischen Glauben wieder zu beleben, für Wagner an. Allerdings sollte man die ideologische Komponente bei Wagner, die in Wirklichkeit nur in Anführungszeichen als „privates Militärunternehmen“ bezeichnet werden kann, nicht überbewerten. Hinter der Gründung und Arbeit von Wagner stehen der russische Staat und die Geheimdienste, in erster Linie die Hauptgeheimdienstdirektion des Generalstabs – der Heeresnachrichtendienst. Die Wagner-Gruppe wurde von Putin gegründet, um die militärisch-politische Präsenz Russlands in den Ländern Asiens und Afrikas zu erhöhen, gleichzeitig aber die Behörden von der formellen und juristischen Verantwortung für diese Operationen, Misserfolge und Verbrechen, einschließlich aller Gräueltaten, zu entbinden. Vom Koch zum Militärführer Die Gesamtleitung der Wagner-Gruppe sowie ihre Logistik wurden Jewgeni Prigoschin anvertraut, einem gewöhnlichen Kriminellen, der zweimal verurteilt wurde und zu Sowjetzeiten acht Jahre wegen Diebstahls, Raubes, Betrugs und der Heranziehung eines Minderjährigen an kriminelle Aktivitäten im Gefängnis saß. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis stieg er in die Gastronomie ein und machte in den wilden 90er-Jahren in St. Petersburg, wo Wladimir Putin damals im Apparat des Bürgermeisters arbeitete, als Unternehmer Karriere. Anschließend wurde er zum persönlichen Koch des Präsidenten und schuf dank seiner Nähe zum ersten Mann in Staat und damit verbundenen großzügigen staatlichen Aufträgen ein Geschäftsimperium, das ganz unterschiedliche Arten des Unternehmertums umfasst: Vom Baugewerbe bis hin zu einer Trollfabrik, die Wähler in Russland und den Westen im Internet täuscht. Auch Angriffe auf und Morde an einer Reihe von Oppositionelle/n und Blogger/n in Russland werden mit Prigoschins Strukturen in Verbindung gebracht. Wagner-Söldner führen Operationen in Dutzenden von Ländern durch – vor allem in Afrika, wo sie Diktatoren und Präsidenten sowie strategische Einrichtungen und Vorkommen von Bodenschätzen bewachen und in einigen Fällen die bewaffnete Opposition niederschlagen. Einer Lesart zufolge besteht eine ihrer Aufgaben darin, den afrikanischen Kontinent zu destabilisieren, um eine Flüchtlingswelle in die Europäische Union auszulösen – mit dem Ziel, die Lage dort zu untergraben und so die Aufmerksamkeit führender europäischer Politiker von Putin abzulenken. Darüber hinaus stellen Veteranen, die sich mit Blut befleckt haben – auch das wiederum im Widerspruch zu den russischen Gesetzen – eine ideale personelle Ressource dar, die die Behörden jederzeit nutzen können, um Proteste im Land zu unterdrücken.

via taz: Russische Söldnerarmee Wagner :Privat nur auf dem Papier

siehe auch: Wagner’s secretive operators: As ‘Putin’s chef’ Prigozhin becomes ever bolder in challenging Vladimir… who are the mercenary army’s other senior figures? As Prigozhin and his feared 25,000-strong Wagner militia have reportedly taken control of the southern Russian city of Rostov-on-Don, it appears the mercenary leader has become increasingly bold in challenging Vladimir Putin’s grip on power. (….) Wagner’s key players Yevgeny Prigozhin Russian oligarch Prigozhin is Wagner’s chief financier and since Putin’s invasion of Ukraine has become the face of the organisation. (…) Dmitry Utkin and Andrey Troshev Utkin is an operational commander and behind-the-scenes leader of the Wagner group, who many believe was a co-founder of the organisation. A sinister former lieutenant colonel in Russia’s ‘Spetsnaz’ special forces, Utkin has received several Orders of Courage for his actions on the battlefield and served in the military until 2013. (…) An investigation into Utkin led by Bellingcat concluded that Utkin may in fact occupy more of a field commander in the Wagner group, reporting to a select group of ever-more senior operational leaders. One of these is said to be Andrei Troshev, a former armed forces Colonel who earned himself the title ‘Hero of the Russian Federation’ for his military service – Russia’s highest military honour.  Troshev has been described by the European Union as the Wagner group’s ‘Chief of Staff’ and appears to hold seniority over Utkin in Wagner’s command structure, based on a series of intercepted communications analysed by Bellingcat investigators. Both individuals have been photographed standing alongside Putin at an official function in 2016 commemorating recipients of state honours.  Konstantin Pikalov +16 View gallery Konstantin Pikalov is widely believed to be the orchestrator of Wagner’s operations in Africa Pikalov, often referred to by his codename ‘Mazay’, is another Russian armed forces veteran who is believed to be in charge of the PMC’s operations on the African continent. (…)