Wie Rechtsextremismus und Kinderpornographie an Kemptens Schulen gelangt

Eine Mutter, deren Kind das Carl-von-Linde-Gymnasium besucht, berichtete dem Kreisboten, dass es am 9. März zu einem Polizeieinsatz an der Schule gekommen sei. Schüler der neunten Klasse sollen dort im Rahmen einer TikTok-Challenge den Hitlergruß gezeigt haben, so die Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte. Keinen Kommentar wollte der Schulleiter des Carl-von-Linde-Gymnasiums, Dr. Stefan Dieter, zu der Thematik abgeben. Die Polizeiinspektion Kempten bestätigte, dass an diesem Tag ein Einsatz im CvL stattgefunden hatte, äußerte sich aber, aufgrund des laufenden Verfahrens, nicht weiter. Pressesprecher Holger Stabik sprach von insgesamt zehn Polizeieinsätzen von Januar 2022 bis April 2023 aufgrund von verfassungsfeindlichen Taten, an den Schulen Kemptens – vier davon aufgrund von Graffitis, sechs wegen Gestiken oder Äußerungen von Schülern. Von diesen sechs Vorfällen ereigneten sich drei am Allgäu Gymnasium, und je einer am Carl von Linde Gymnasium, der Wittelsbacherschule und der Robert-Schuman-Mittelschule Sankt Mang. Lediglich der Rektor der Wittelsbacherschule, Frank Niedermeier, zeigte sich bereit über den Vorfall an seiner Schule zu sprechen. Ein 13-jähriger Schüler hatte Bilder mit nationalsozialistischem Hintergrund auf seinem Handy. Der Vorfall wurde mit der Klasse und einzeln mit Kind und Eltern besprochen. Niedermeier sieht keine politische Absicht oder rechtsextremen Hintergrund bei dem nicht strafmündigen Schüler. Vielmehr seien verbotene Inhalte durch das Handy leichter verfügbar. Rechtsextremismus und Kinderpornographie an Kemptens Schulen In die gleiche Kerbe schlägt Thomas Baier-Regnery, Referent für Jugend, Schule und Soziales: Im Arbeitsbereich des Jugendamtes zeige sich im Rahmen der Jugendgerichtshilfe tatsächlich eine Steigerung in Bezug auf Delikte, welche im Zusammenhang mit einer jugendlichen Nutzung von sozialen Medien (Tik-Tok und vor allem Whatsapp-Gruppen und ähnlichem) stehe. Dort werden verstärkt auch strafrechtlich relevante Inhalte gepostet. Neben den genannten verfassungsfeindlichen Inhalten gehe es auch verstärkt um Kinderpornographie beziehungsweise Pornographie im Allgemeinen. Mangelnde Medienkompetenz Als eine Ursache sieht Baier-Regnery die mangelnde Medienkompetenz: „Man kann attestieren, dass es diesen Verfahren überwiegend um keine vorsätzlichen Handlungen geht, das heißt, nur in einzelnen Fällen lässt sich eine wirklich bedenkliche Grundhaltung annehmen. Vielmehr wird gedankenlos und unsensibel alles gepostet, was empfangen wird. Die Mehrzahl der Empfänger löscht die Inhalte bzw. hat sie zum Teil unbewusst im Sicherungsspeicher. Die Wenigsten leiten sie weiter, ohne groß nachzudenken. Hier handelt es sich also um kein Netzwerk von Personen mit rechtsradikalisiertem Hintergrund, sondern um Kinder und Jugendliche mit eingeschränkter Sensibilität für Grenzen und Unrechtsbewusstsein. In den relevanten Einzelfällen, in denen die Betreffenden z.B. das weiterleiten, kommt es zu Verfahren in der Jugendgerichtshilfe und entsprechenden Ahndungen vor dem Jugendgericht bzw. Jugendschöffengericht. Die allerwenigsten Jugendlichen tauchen als Mehrfachtäter wieder auf.“

via merkur: Wie Rechtsextremismus und Kinderpornographie an Kemptens Schulen gelangt

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