Es gibt einen Anstieg politisch motivierter Kriminalität, die ideologisch nicht zuzuordnen ist. Opferberater Robert Kusche befürchtet die Entpolitisierung rechter Gewalt. Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) hat davor gewarnt, dass rechte Gewalttaten nicht ausreichend erfasst würden. “Wir müssen aus der Erfahrung der letzten zwei Jahre davon ausgehen, dass das Ausmaß der Untererfassung rechter Gewalt durch die Polizei und Ermittlungsbehörden dramatisch zugenommen hat”, sagte VBRG-Vorstandsmitglied Robert Kusche dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor der Vorstellung der bundesweiten Statistik zur politisch motivierten Kriminalität am Dienstag. “Stattdessen hat sich das Ausmaß der politisch motivierten Kriminalität, die vermeintlich ‚nicht zuzuordnen‘ ist, in nur zwei Jahren quasi verdreifacht”, sagte Kusche, der die sächsische Opferberatungsstelle Support leitet. Als “nicht zuzuordnen” stuft das Bundeskriminalamt (BKA) in der Statistik über politisch motivierte Kriminalität unter anderem Taten aus der Querdenkerszene ein. Für die drastische Zunahme der nicht zuzuordnenden Delikte könne es nur zwei Gründe geben, “und beide sind dramatisch”, sagte Kusche dem RND. “Entweder sind die Strafverfolgungsbehörden nicht in der Lage zu erkennen, dass der moderne Rechtsextremismus nur das Gewand, aber nicht die Ideologie gewechselt hat. Denn den Verschwörungsnarrativen liegt im Kern Antisemitismus und Rassismus zugrunde”, sagte Kusche. Oder in den Köpfen der Ermittlungsbehörden seien rechte Gewalttäter “immer noch die Naziskinheads der Neunzigerjahre – und nicht die Familienväter, die AfD wählen, Rechtsrock hören und Haus, Kind und bürgerlichen Beruf haben und in ihrer Freizeit zum Beispiel bei Corona-Leugner-Demonstrationen oder rassistischen Mobilisierungen mitlaufen”. Der Verdacht liege nahe, dass rechte Gewalttaten entpolitisiert würden, indem sie in die Kategorie “nicht zuzuordnen” verschoben würden, sagte Kusche.
via zeit: Beratungsstellen warnen vor Untererfassung rechter Gewalttaten