Antiziganismus sei in Deutschland weitgehend gesellschaftlich akzeptiert, sagt Mehmet Daimagüler. Auch Frank-Walter Steinmeier fordert mehr Schutz für Sinti und Roma. Der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung sieht einen immensen Nachholbedarf bei der Aufarbeitung der Verfolgung von Sinti und Roma in Deutschland. Auch der Völkermord der Nationalsozialisten an den beiden Bevölkerungsgruppen sei nicht aufgearbeitet, kritisierte Mehmet Daimagüler vor dem Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Denkmals für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma Europas. Deshalb plane er für kommendes Jahr eine Wahrheits- und Versöhnungskommission. Diese solle den Mythos ausräumen, dass Ausgangspunkt der NS-Verfolgung der Sinti und Roma die angebliche Kriminalitätsbekämpfung gewesen sei. Der tatsächliche Grund sei Rassismus gewesen, sagte Daimagüler. “Es gibt für mich bei der Ermordung der Juden und der Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten keine strukturellen Unterschiede im völkischen Wahn, in der Kaltblütigkeit und der industriellen Umsetzung des Völkermords.” (…) Bis heute seien rassistische Vorurteile gegen Sinti und Roma in Deutschland sehr weit verbreitet, sagte Daimagüler weiter. “Wir haben eine rassistische Unterscheidung in den Bereichen Polizei und Justiz, Bildung, Wohnungsmarkt und Sozialverwaltung.” Antiziganismus sei eine weitgehend gesellschaftlich akzeptierte Erscheinung “und wird noch nicht mal als Rassismus erkannt”. Während der NS-Zeit von 1933 bis 1945 wurden Sinti und Roma systematisch verfolgt und etwa 500.000 Angehörige der Minderheit aus ganz Europa ermordet. Daran erinnert das 1992 beschlossene und am 24. Oktober 2012 eröffnete Mahnmal in der Nähe des Berliner Reichstagsgebäudes. Heute leben Schätzungen zufolge etwa 70.000 bis 150.000 Sinti und Roma in Deutschland.

via zeit: Antiziganismus : Bundesbeauftragter prangert Rassismus gegen Sinti und Roma an