In der konspirativen Wohnung der NSU-Terroristen lag ein Nürnberger Stadtplan mit einem Kreuz und einer Notiz. Was hat es damit auf sich und welche Rolle spielte ein Nürnberger Neonazi? BR und Nürnberger Nachrichten sind der Frage nachgegangen. Im Brandschutt des Zwickauer Wohnhauses, das Beate Zschäpe nach dem Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November 2011 in die Luft gejagt hatte, entdeckten die Ermittler neben Waffen auch Stadtpläne, darunter einen Stadtplan von Nürnberg. Das gemeinsame Rechercheteam von BR und Nürnberger Nachrichten (NN) hat den Stadtplan nun ausgewertet. NSU-Terroristen markierten “Anlaufstelle” auf Stadtplan Der angekokelte Stadtplan hat eine auffällige Stelle: Im Stadtteil Ludwigsfeld zeichneten die Terroristen ein dickes Kreuz auf den Plan, handschriftlich stand “Anlaufstelle” daruntergeschrieben. Die gekennzeichnete Stelle befindet in der Nähe eines NSU-Tatortes. Am 9. Juni 2005 töteten die Terroristen İsmail Yaşar mit mehreren Schüssen in Kopf und Oberkörper. Er hinterließ einen 15-jährigen Sohn und eine 22-jährige Tochter. Er war das sechste Opfer der Mordanschlagsserie durch die Rechtsterroristen. Wer sollte zur Anlaufstelle kommen? Hatten die Terroristen die Fläche in der Nähe des Friedhofs St. Peter als Treffpunkt markiert? Wer sollte zu dieser “Anlaufstelle” kommen? Vielleicht Nürnberger Unterstützer oder ortskundige NSU-Helfer? Seit der Selbstenttarnung des NSU wird immer wieder über Mittäter und Helfer vor Ort diskutiert. Fakt ist, dass nach der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios eine bislang unbekannte Person das Bekennervideo unfrankiert in den Briefkasten der “Nürnberger Nachrichten” geworfen hatte. Beate Zschäpe kann es nicht gewesen sein, und Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Es gibt womöglich also mindestens einen Mitwisser in Nürnberg. Das BR/NN-Rechercheteam hat unter anderem deshalb sämtliche Wohnorte von bekannten Rechtsextremen während der NSU-Morde in Nürnberg recherchiert. Auffällig ist, dass in der Nähe der markierten Stelle auf dem Stadtplan mit Axel G. (Name geändert) auch ein damals sehr einflussreicher Nürnberger Neonazi wohnte. Wie die Recherchen zeigen, lebte der heute Mitte 40-Jährige in der Nähe mehrerer NSU-Tatorte. Axel G. war führender Kader in der Neonazi-Szene Axel G. gehörte laut Sicherheitsbehörden ab Ende der 1990er Jahre zur rechtsextremen Szene in Nürnberg und betätigte sich demnach in der “Fränkischen Aktionsfront” (FAF), die 2004 wegen “Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus” verboten wurde. Gegen G. wurde seit Ende der 1990er Jahre mehrfach ermittelt, denn er war verantwortlich für die Werbeaufkleber der FAF und verklebte einer Ermittlungsakte zufolge in Nürnberg den Aufkleber mit dem Aufdruck “Wir sind wieder da NSDAP/AO” und einem Hakenkreuz-Symbol. Im Juli 2000, wenige Wochen vor dem ersten NSU-Mord in Nürnberg, soll Axel G. laut einem dem Rechercheteam vorliegenden Polizeibericht mit einem anderen Neonazi bei einem Fest im Raum Nürnberg eine Personengruppe von Menschen mit Migrationshintergrund attackiert und dabei zwei Personen verletzt haben. Zudem soll G. danach den Hitlergruß gezeigt und “Heil Hitler” gerufen haben.

via br: NSU-Morde: Das rätselhafte Kreuz auf dem Stadtplan