Ein 20-Jähriger aus Spangenberg steht unter Terrorverdacht und sitzt seit September in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet sowie gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen zu haben. Über Details zum Fall halten sich Behörden und das Innenministerium bedeckt. Diese Woche berichtete »Zeit Online«, dass Marvin E. Chat-Kontakte zur rechtsterroristischen, international agierenden Gruppierung »Atomwaffen Division« gehabt haben soll. Wir sprachen mit dem Rechtsextremismusexperten Roland Sieber. Nach Recherchen von »Zeit Online« soll der 20-Jährige Kontakte zur »Atomwaffen« Division gehabt haben. Um was für eine Organisation handelt es sich? Die »Atomwaffen Division« (AWD) ist eine internationale Neonazi-Gruppe, die mit Gewalt und Terror zu einem globalen rassistischen Bürgerkrieg beitragen und diesen gewinnen will. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurden mindestens fünf Menschen durch Mitglieder der »Atomwaffen Division« getötet. Großbritannien und Kanada haben die AWD als Terrororganisation eingestuft. (…) In seinem Umfeld scheint Marvin E. nicht dadurch aufgefallen zu sein, dass er Kontakte zu Neonazi-Netzwerken pflegt oder eine rassistische Einstellung vertritt. Marvin E. scheint Beobachtern bisher nicht bei Treffen der rechtsextremen Szene aufgefallen zu sein. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass er sich online radikalisierte. Wie auch der Attentäter von Halle und Fabian D., ein Mitglied der »Feuerkrieg Division«, welcher vor einem Jahr in Bayern wegen Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat zu einer zweijährigen Haftstrafe mit anschließender Führungsaufsicht verurteilt wurde. Der Verdächtige galt als unauffälliger junger Mann. Er half in Spangenberg bei der Pflege eines historischen jüdischen Ritualbades. Kandidierte als Parteiloser für die örtliche CDU. (…) Er soll sich seine Informationen zum Waffen- und Bombenbau bzw. zu deren Beschaffung in englischsprachigen Foren und Chats besorgt haben. Handelt es sich bei der rechtsradikalen Szene, um international vernetzte Organisationen? Die Teilnehmer solcher Foren und Chats bilden ein Wolfsrudel, welches gemeinsam Feindbilder und mögliche Ziele markiert. Sogenannte einsame Wölfe führen mit ihrer Tat dann den Willen des Rudels aus. Allerdings folgen diese dem Konzept des führerlosen Widerstands: Einzelpersonen und unabhängige Zellen, die selbstständig planen und losschlagen. Auch muss differenziert werden, ob er ein ausgewähltes Mitglied der AWD mit Zugang zu internen Chats war oder einfach ohne Mitgliedschaft zu deren Umfeld gehörte.

via GAZ: »Manche wollen Held werden«

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