Im NSU-Prozess wurde André E. vom schwersten Vorwurf freigesprochen – zum Entsetzen der Opfer und zum Unmut der Bundesanwaltschaft. Der Bundesgerichtshof will seinen Fall nun in Karlsruhe verhandeln. Der NSU-Prozess endete mit dem Beifall von Neonazis. Als der Senat im Juli 2018 den Haftbefehl gegen André E. aufhob, applaudierten auf der Zuschauertribüne seine Kameraden. André E. wurde vom Vorwurf der Beihilfe zum versuchten Mord und von fast allen anderen Vorwürfen freigesprochen. Von den zwölf Jahren Haft, die die Bundesanwaltschaft für ihn gefordert hatte, blieb kaum etwas übrig. Das Oberlandesgericht (OLG) München verurteilte den überzeugten Nationalsozialisten und engen Vertrauten von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt lediglich zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Die Neonazis unter den Zuschauern johlten. Noch am Urteilstag konnte André E. das Gefängnis verlassen. Es war das einzige Urteil im NSU-Prozess, gegen das nicht nur die Verteidigung, sondern auch der Generalbundesanwalt vorgegangen ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab nun bekannt, dass es am 2. Dezember im Fall André E. eine mündliche Verhandlung in Karlsruhe geben wird. Die Entscheidung über das Urteil soll voraussichtlich am 15. Dezember verkündet werden.
Lücken und Widersprüche. Der Generalbundesanwalt will, dass das Urteil gegen André E. aufgehoben wird, soweit er freigesprochen wurde. Das geht aus einem Schreiben hervor, das dem SPIEGEL vorliegt. Die Anklagebehörde fordert einen neuen Prozess vor einem anderen Staatsschutzsenat des OLG München. Der sogenannte Teilfreispruch von André E. sei rechtsfehlerhaft, die Beweiswürdigung weise Lücken und Widersprüche auf. André E., 42 Jahre alt, ist ein strammer Neonazi. Seinen Hass hat er sich auf den Körper tätowiert. »Die Jew Die«, »Stirb, Jude, stirb«, steht auf seinem Bauch. Darunter eine 88, der Nazi-Code für »Heil Hitler«. Über die Jahre kamen weitere Tattoos hinzu. André E. ist ein »Nationalsozialist, der mit Haut und Haaren zu seiner politischen Überzeugung steht«, stellte auch seine Verteidigung fest. Doch eine politische Gesinnung reiche nicht als Tatnachweis. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.

via spiegel: NSU-Helfer – Die zweifelhafte Ahnungslosigkeit des Neonazis André E.

siehe dazu auch: Ralf Wohlleben, André Eminger und Susanne G.: Alle machen weiter. Ralf Wohlleben und André Eminger machen weiter. Nachdem sie im NSU-Prozess in erster Instanz verurteilt wurden (die Revision steht noch aus), sind sie längst wieder auf freiem Fuß.
Die Neonazis, die die beiden immer unterstützt haben, machen weiter. Rechte Terrorist*innen machen weiter. Am Donnerstag, 15. Juli 2021, hätten Ralf Wohlleben, André Eminger und der Nürnberger Neonazi Norman Kempken im Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Susanne G. aus Franken vor dem Münchner Oberlandesgericht als Zeugen aussagen sollen. Alle drei kündigten an, die Auskunft zu verweigern, weil sie ansonsten Gefahr laufen würden, sich gegebenenfalls selbst zu belasten. Die Justiz macht weiter: nachgiebig verzichtete man einfach auf die Anreise der Neonazis. Und der bayerische Verfassungsschutz macht mit seiner V-Personen-Praxis im NSU-Netzwerk ebenfalls weiter.