Die vom Verfassungsschutz geschredderten V-Mann-Akten waren brisanter als zugeben. Einer der Spitzel war in die Suche nach dem NSU-Trio eingebunden. Manchmal können Verfassungsschützer richtig kreativ sein. Eine groß angelegte Geheimdienstaktion tauften sie nach einem der schönsten Wanderwege Deutschlands im Thüringer Wald, dem 170 Kilometer langen Rennsteig.Noch kreativer waren die Geheimdienstler aber bei der Wahl der Namen ihrer bezahlten Spitzel, die sie im Rahmen jener „Operation Rennsteig“ in der rechtsextremen Szene anwarben. Die Vorgabe war offenbar, dass die Decknamen all dieser V-Leute mit einem T beginnen müssen. Und deshalb bekamen sie Namen wie diese: „VM Treppe“, „VM Tonfarbe“, „VM Tinte“ oder „VM Tobago“. (…) Den Verdacht, dass ausgerechnet am Tag des Auffliegens des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in seinem Amt potenziell relevante Informationen zu der rechten Terrorzelle vernichtet wurden, konnte Fromm nicht entkräften Informationen der taz belegen vielmehr, dass mindestens in einem Fall Akten zu einem V-Mann vernichtet wurden, der in die Suche nach dem 1998 abgetauchten Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe eingebunden war – denjenigen also, die zehn Morde auf dem Gewissen haben. Ein Referatsleiter des Bundesamts für Verfassungsschutz hatte im November 2011 sieben Akten zur „Operation Rennsteig“ vernichten lassen. Deren Inhalt betraf eine am 17. Juli 1996 gestartete konzertierte Aktion des Bundesamts für Verfassungsschutz, des Thüringer Landesamts und des Bundeswehrgeheimdiensts MAD. Ziel der bis 2003 andauernden Operation war es, V-Leute in der Anti-Antifa-Ostthüringen und deren braunen Nachfolgetruppe „Thüringer Heimatschutz“ anzuwerben – in jenem Kameradschaftszusammenschluss also, dem die späteren NSU-Terroristen bis zu ihrem Untertauchen angehörten. Acht V-Leute konnte das Bundesamt für Verfassungsschutz anwerben, allesamt bekamen sie einen Tarnnamen, der mit einem T beginnt. Wichtige Teile dieser Akten wurden, wie nun bekannt geworden ist, am 11. November 2011 geschreddert – ausgerechnet an dem Tag, an dem der Generalbundesanwalt öffentlich bekannt gab, dass er die Ermittlungen gegen die Terrorzelle übernommen hat. Gegenüber Verfassungsschutzchef Fromm soll der zuständige Referatsleiter die Aktenvernichtung, die er mit angeblich abgelaufenen Aufbewahrungsfristen begründete, aber erst vergangenen Mittwoch eingeräumt haben – fast acht Monate später.

via taz: Neonazi-Mordserie: „V-Mann ‘Tarif’ – vernichtet“