Roman von Alvensleben kommt aus Hameln, das an der Deutschen Märchenstraße liegt. Darauf verweist der Anwalt des mutmaßlichen Verschwörer-Chefs und „Reichsbürgers“ Heinrich XIII. Prinz Reuß am Donnerstag im Prozess gegen seinen Mandanten und acht andere Angeklagte vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Die Anschuldigungen des Generalbundesanwalts, Reuß habe mit einer terroristischen Vereinigung die Ordnung der Republik beseitigen und dabei Tote in Kauf nehmen wollen, erinnerten ihn an das Märchen vom Lügenbaron Münchhausen. Der 72-jährige Reuß ist nach Angaben von Alvensleben vielmehr ein staatstreuer Bürger der Bundesrepublik Deutschland, der hier stets seine Steuern gezahlt, sich Urteilen der Gerichte gebeugt und seine Kinder als alleinerziehender Vater großgezogen habe. Bis zu seiner Verhaftung im Dezember 2022 habe sich Reuß „nicht einmal eine Sachbeschädigung“ zuschulden kommen lassen. Die Gruppe etwa mit der Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“ (RAF) zu vergleichen, sei daher geradezu eine Verhöhnung der Hinterbliebenen von RAF-Opfern. Wirre Gedankenwelt: Laut Prinz Reuß existiert ein „Deep State“ in Deutschland Der Generalbundesanwalt hält den Frankfurter hingegen für den Rädelsführer einer Terrorgruppe, die die gewählte Bundesregierung habe gewaltsam absetzen und durch einen provisorischen „Rat“ mit Reuß als Staatsoberhaupt ablösen wollen. Alle sechs Sitzungen des „Rats“ hätten im Thüringer Schloss von Reuß stattgefunden. Die wirre Gedankenwelt der Gruppe, wie sie von der Anklage dargestellt wird, erinnert durchaus an die erfundenen Abenteuer des Barons von Münchhausen. Danach war Prinz Reuß vorgesehen, für Deutschland nach dem Putsch einen Friedensvertrag mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs auszuhandeln. Zudem habe er mit Hilfe seiner Lebensgefährtin, der Russin Vitalia B., versucht, Kontakt mit der russischen Regierung aufzunehmen, um Moskau für den Umsturz in Deutschland zu gewinnen. In der Vorstellungswelt der Gruppe habe Russland Teil einer „Allianz“ sein sollen, die Deutschland von der Herrschaft eines „Tiefen Staates“ befreien sollte – einer kriminellen Organisation, die Kinder systematisch foltere.

via fr: „Reichsbürger“-Prozess in Frankfurt: Im Land der Märchen

siehe auch: Der Glaube an die unheilige Allianz.Am zweiten Tag des Frankfurter Reichsbürgerprozesses kritisieren die Anwälte abermals das Verfahren. Doch es geht auch um konkrete Anschuldigungen in der Anklageschrift. (…) Andreas Wölfel, Anwalt des mutmaßlichen Mitgründers der Vereinigung Peter W., spricht von „massivem Geheimnisverrat“, für die „bundesdeutschen Hofjournalisten“ seien die Festnahmen anscheinend nicht überraschend gekommen. Ein Anwalt von Prinz Reuß, Roman von Alvensleben, kritisierte, dass „vom größten Terrorprozess der Nachkriegszeit“ gesprochen werde, obwohl „nicht einmal eine Sachbeschädigung“ erfasst worden sei; Frankfurter Prozess gegen Gruppe Reuß :Reichsbürger ohne Reue Im Terrorprozess gegen die Gruppe um Prinz Reuß in Frankfurt will die Verteidigung Freisprüche erreichen – ist aber schon jetzt teils zerstritten. Noch hat sich im Prozess gegen die Führungsriege der mutmaßlichen „Reichsbürger“-Verschwörung um Heinrich XIII. Prinz Reuß keiner der neun Angeklagten zu den Vorwürfen geäußert. Doch bereits nach dem zweiten Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt ist klar: Mit reuevollen Geständnissen dürfte eher nicht zu rechnen sein. „Mein Mandant steht auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Rechtsordnung“, sagte Rechtsanwalt Roman von Alvensleben, einer von vier Verteidigern des als Rädelsführer angeklagten Prinz Reuß, am Donnerstag. Nie habe der Frankfurter Immobilienunternehmer Gewalttaten gegen den Staat geplant. Von „Märchen“ sprach der Anwalt. Prinz Reuß, seinen acht Mit­angeklagten sowie 18 weiteren Männern und Frauen, denen in Stuttgart und München der Prozess gemacht wird, wirft die Bundesanwaltschaft die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und Hochverrat vor. Die „Patriotische Union“ soll einen bewaffneten Angriff auf den Bundestag geplant haben. Der Aufbau von 286 „Heimatschutzkompanien“ hatte laut Anklage schon begonnen. Ideologischer Antrieb soll dabei auch der Glaube an die antisemitische QAnon-Verschwörungserzählung gewesen sein: dass pädophile Eliten in unterirdischen Tunneln Kinder missbrauchen. Und dass jedoch schon bald ein mächtiger internationaler Geheimbund, die „Allianz“, einmarschieren und die Kinder befreien werde. (…) Dass es sich bei QAnon um herbeihalluzinierten Irrsinn handelt, ist unter den Ver­tei­di­ge­rin­nen indes nicht unumstritten. Am Ende des ersten Verhandlungstags hatte Martin Schwab, Juraprofessor aus Bielefeld und Verteidiger seiner Parteifreundin Johanna Findeisen-Juskowiak aus der Co­ro­na­leugnerinnen-Partei „Die Basis“, der Bundesanwaltschaft einseitige Ermittlungen vorgeworfen – weil sie nicht nach den Tunneln mit den gequälten Kindern gesucht habe. Man dürfe, erregte sich der Hochschullehrer, das nicht einfach als Verschwörungserzählung abtun. Es ist nicht die einzige Uneinigkeit. Bei Vitalia B., der Lebensgefährtin von Prinz Reuß, haben sich Pflichtverteidigerinnen und Wahlverteidiger schon so zerstritten, dass sie offenbar nicht einmal mehr mit­ein­an­der reden. Wahlverteidiger Thomas Nirk nutzte sogar sein Eröffnungsstatement für Angriffe auf seine Kolleginnen. Seiner programmatischen Ansage aber widersprachen auch sie nicht: „Die Verteidigung ist angetreten, die Unschuld der Mandantin zu beweisen.“ Andreas Wölfel schließlich – ein rechtsextremer Szeneanwalt, der den ehemaligen KSK-Soldaten Peter Wörner vertritt – kritisierte das angeblich unverhältnismäßige Vorgehen der Justiz, inklusive Verschwörungsgeraune: „Es besteht der Verdacht, dass das Strafverfahren auf dem Rücken der Angeklagten missbraucht wird, um von anderweitigem Versagen abzulenken.“