Syrer verbrennt in Zelle: Reul räumt falsche Auskunft im Untersuchungsausschuss ein

„So etwas darf nicht passieren”: NRW-Innenminister Reul hat Fehler bei der Polizei zugegeben.
Auch er selbst räumte ein, eine falsche Auskunft im Untersuchungsausschuss gegeben zu haben.
Der Syrer Amad A. war 2018 unschuldig inhaftiert und bei einem Brand in seiner Zelle gestorben. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat eingeräumt, den Untersuchungsausschuss zum Tod des Syrers Amad A. falsch informiert zu haben. Er habe im Mai gesagt, die Löschung des Datensatzes von Amad A. in der bundesweiten Datenbank Inpol sei unvermeidbar gewesen, sagte Reul am Dienstag als Zeuge im Untersuchungsausschuss. Dies sei sein damaliger Kenntnisstand gewesen. Vor wenigen Tagen habe das Bundeskriminalamt aber mitgeteilt, dass die Löschung doch hätte gestoppt werden können. Entscheidend sei aber: „Es sind keine beweiserheblichen Daten verloren gegangen“, versicherte Reul. Fall Amad A.: Unschuldig inhaftiert und bei Brand in Zelle gestorben. Amad A. war 2018 unschuldig inhaftiert worden und nach einem Brand in seiner Zelle gestorben. Der Haftbefehl, mit dem man ihn hinter Gitter gebracht hatte, galt nicht ihm, sondern einem Mann aus dem westafrikanischen Mali, der dem Syrer überhaupt nicht ähnlich sah und auch einen anderen Namen trug. A. hatte vergeblich seine Unschuld beteuert und wochenlang hinter Gittern gesessen. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Fall wegen Freiheitsberaubung gegen Polizisten ermittelt, die Ermittlungen aber später eingestellt.

via rnd: Syrer verbrennt in Zelle: Reul räumt falsche Auskunft im Untersuchungsausschuss ein

News-Illiterate Cops Order Air Hunt for ‘Antifa’ Citing Neo-Nazi Rumours That Triggered Armed Mobs

Screenshots of two rambling social media posts — one from Facebook, one from Instagram — form the sum total of the evidence police used last summer to justify an aerial surveillance operation in North California, records obtained by the nonprofit transparency group Property of the People and reporting by the Guardian show. The paper reported Monday on events surrounding the California Highway Patrol’s decision in June 2020 to deploy surveillance aircraft to hunt for an (fake) caravan of left-wing “terrorists,” who were ostensibly on a roundtrip across California, smashing windows and starting fires. The rumoured invasion, which failed to materialise, but prompted armed displays by right-wing extremists in cities across the Northwest, stemmed from social media posts made viral by an army of accounts claiming “Antifa” was on a travelling rampage. First, Twitter took action, saying the rumours had been boosted by “hundreds of spammy accounts” as part of a coordinated disinformation campaign. Facebook followed soon after, citing details shared by its competitor. Many of the accounts posed as members of “Antifa” or as official “Antifa” accounts while warning of the caravan’s movements. None of them were real.
In reality, the campaign was launched by a white hate group, company officials said, one whose notoriety is tied to 2017’s “Unite the Right” rally; a bloody event staged by neo-Nazis and Klansmen defending the Confederacy, which capped off with a murder. The Guardian’s new details add a chapter an already bizarre saga about a California sheriff who, in the summer of 2020, also insisted, despite all evidence to the contrary, that a band of anti-fascists were roaming the countryside, mayhem and madness in tow. Documents obtained by Property for the People offer a singular look at how officers in California’s rural, northern counties — mostly “known for weed farms and hiking and [being] overwhelmingly white,” the Guardian notes — got duped into promoting the same false claims themselves, meanwhile throwing taxpayer resources at a phantom threat that even residents said beggared belief. Despite the volume of journalists and law enforcement officials reporting the rumours were false, Humboldt County’s sheriff, William Honsal, refused to back down on the claims, which he promoted via his weekly “media availability” videos. Lost Coast Outpost, a news site covering California’s northwest, documented Honsal’s insistence he’d seen “substantiated, law enforcement reports” about “buses full of people” hurdling toward the state.

via gizmodo: News-Illiterate Cops Order Air Hunt for ‘Antifa’ Citing Neo-Nazi Rumours That Triggered Armed Mobs

“Kein Unrechtsbewusstsein, kein Charakter” – Innenministerium schlägt gegen Frankfurter SEK-Beamte zurück

Polizisten des aufgelösten Frankfurter SEK fühlen sich von Innenminister Beuth zu Unrecht vorverurteilt. Das sagen drei von ihnen im hr-Interview. Die Reaktion des Ministeriums ist schonungslos, die der Opposition geteilt. Man habe sie vorverurteilt, mit “überzogenen” Vorwürfen konfrontiert und ihnen zu Unrecht Rassismus vorgeworfen: Das sind nur einige Kritikpunkte, die Beamte des aufgelösten Frankfurter Spezialeinsatzkommandos (SEK) im hr-Interview vorgebracht haben. Das Echo kam prompt: Das Innenministerium teilte mit, man sei “befremdet” über die Aussagen der Beamten. Innenministerium: Beamte “charakterlich ungeeignet” “Dabei werden die konkreten Vorwürfe gegen beschuldigte Beamte völlig ausgeblendet, stattdessen gerieren sie sich sogar als Opfer”, teilte Ministeriumssprecher Michael Schaich stellvertretend für Innenminister Peter Beuth (CDU) mit und kritisierte “das offenkundig fehlende Unrechtsbewusstsein”. Die Aussagen der Beamten würden unterstreichen, “dass diese Männer für den Einsatz im SEK auch charakterlich ungeeignet sind”.
Unter anderem hatten die drei Beamten, die im Interview anonym bleiben wollten, abgestritten, etwas von Hitler-Bildern und Hakenkreuzen in internen Chats mitbekommen zu haben: “Wir persönlich haben davon keine Kenntnis”, sagten sie dem hr – und: “Wenn, dann war das vermeintlich satirisch-lustig gemeint.” Die Umgangsformen innerhalb des SEK seien eben rauer, als man das im Umgang gewohnt sei. Das Innenministerium hält dagegen, die Staatsanwaltschaft Frankfurt habe die Chats auf strafbare Inhalte geprüft und habe unter anderem volksverhetzende Inhalte gefunden. “Satirische Aussagen oder eine derbere Wortwahl sind in der Regel nicht strafbar”, so Schaich. (…) Am 10. Juni hatte Innenminister Beuth das Frankfurter SEK aufgelöst. 20 Beamte im Alter zwischen 29 und 54 Jahren sollen Mitglieder verschiedener rechter Chatgruppen gewesen sein, in denen unter anderem Hakenkreuz- und Hitlerbilder geteilt worden sein sollen. Ihnen wurde Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Strafvereitelung und Kinderpornografie vorgeworfen. Beuth hatte den Beamten ein “Verbot des Führens der Dienstgeschäfte” ausgesprochen. Inzwischen wurde das Verfahren gegen zwei der Polizisten eingestellt. Gegen 18 Beamte wird weiterhin ermittelt – wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Strafvereitelung und Kinderpornographie

via hessenschau: “Kein Unrechtsbewusstsein, kein Charakter” – Innenministerium schlägt gegen Frankfurter SEK-Beamte zurück

Polizeilogo mit Polizeistern
Von Original: Land Hessen – Stern aus <a href=”//de.wikipedia.org/wiki/Datei:Polizeistern_Hessen.JPG” title=”Datei:Polizeistern Hessen.JPG”>Datei:Polizeistern Hessen.JPG</a> vektorisiert und mit <a href=”//de.wikipedia.org/wiki/Datei:Coat_of_arms_of_Hesse.svg” title=”Datei:Coat of arms of Hesse.svg”>Datei:Coat of arms of Hesse.svg</a> ergänzt., PD-Amtliches Werk, Link

Tod von #OuryJalloh – Vorauseilender Gehorsam – #spd #polizeiproblem

Die SPD in Sachsen-Anhalt lehnt einen U-Ausschuss zum Tod von Oury Jalloh ab. Sie will die neue Regierung nicht gefährden – ein mieser Auftakt. Die neue Koalition aus CDU, SPD und FDP ist in Magdeburg noch nicht im Amt. Doch die SPD führt sich vorauseilend genau so auf wie in der vergangenen Regierung mit CDU und den Grünen. Sie wiegelt ab und gibt bei Konflikten klein bei. Das war so, als die SPD erst gegen das Nein von CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff zur Erhöhung der Rundfunkgebühren rebellierte, um dann staatstragend beizudrehen. Zentrale Figuren der Affäre in der Justiz nicht befragen. Dieses Muster wiederholt sich jetzt beim Untersuchungsausschuss zu Oury Jalloh, der 2005 in einer Polizeizelle verbrannte. 2020 wollte die SPD diesen Ausschuss noch, jetzt ist der Mut verpufft. Es wird keinen U-Ausschuss geben. Dafür reichen die Stimmen von Linkspartei und Grünen nicht. Die SPD rechtfertigt ihr Nein mit dem 300 Seiten starken unabhängigen Bericht, der vorigen Sommer veröffentlicht wurde. Nun sei ja klar, dass Jallohs Tod kein Polizeimord war. Glaubwürdig ist das nicht. Denn der Bericht war zwiespältig. Jalloh wäre demnach ohne den drastischen Rassismus der Polizei noch am Leben. Vor allem aber konnten die Verfasser des Berichts zentrale Figuren der Affäre in der Justiz nicht befragen. Genau das könnte ein Untersuchungsausschuss. Es mag sein, dass ein solcher Ausschuss Oury Jallohs Tod nicht mehr aufklären würde. Aber das kann und darf nicht das alleinige Kriterium sein – besonders nicht in diesem Fall. Ein Unschuldiger ist in staatlichem Gewahrsam gestorben – und wir wissen bis heute nicht, wie. Denn es wurde lange vertuscht, gelogen und verzögert.

via taz: Tod von Oury Jalloh – Vorauseilender Gehorsam

CHATGRUPPEN – Datenschutz: Weitergabe von Polizei-Kontakten nicht rechtens

Die Datenschützer des Landes haben den Umgang der Polizei mit sensiblen Kontakten, die im Zuge der Ermittlungen gegen mutmaßlich rechtsextreme Chatgruppen gefunden worden sind, scharf gerügt. Datenschutzbeauftragte rügt massenhafte Übermittlung von sensiblen Daten auf Polizei-Handys. Gewerkschaft der Polizei spricht von einem Skandal. Die umstrittene massenhafte Weitergabe von über 12.700 Telefonkontakten auf Polizistenhandys bei den Ermittlungen gegen mutmaßlich rechtsextremistische Netzwerke bei der Polizei Essen/Mülheim bleibt nicht ohne politische Konsequenzen: Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag erwartet in der Sitzung des Innenausschusses am 2. September eine Antwort auf die Frage, wie die Landesregierung eine aktuelle Stellungnahme der Landesdatenschutzbeauftragten zur sogenannten Massendatenabfrage durch die ermittelnde „BAO Janus“ des Polizeipräsidiums Bochum bewertet. Denn die obersten NRW-Datenschützer haben dem behördlichen Vorgehen ein vernichtendes Urteil ausgestellt: Nach monatelanger Prüfung steht für sie nach Informationen dieser Zeitung nun fest, dass für die Weitergabe der sensiblen Daten keinerlei Rechtsgrundlage bestanden habe. Gewerkschaftsvertreter ist „schier entrüstet“ Dass also durch ein offenbar mehr als zweifelhaftes Handeln vom Amts wegen selbst völlig unbescholtene Beamte und Bürger, Journalisten, Bäcker und Friseure etwa, also letztlich alle Personen, deren Kontaktdaten sich auf den überprüften Handys von zwei Dutzend Verdächtigen fanden, ins Visier geraten und in die Nähe von Ermittlungen gegen rechtsextremistische Umtriebe gerückt worden sind – „das halte ich für einen Skandal“, sagte Heiko Müller, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für Essen und Mülheim, am Montag auf Nachfrage: „Ich bin schier entrüstet.“
Die Verhältnismäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen „hätte genauer geprüft werden müssen“, ist Müller überzeugt. Dass die auch nur ansatzweise gewahrt sei, daran hatte die GdP bereits schon im März massive Zweifel geäußert. Nun sieht man sich vollumfänglich durch die Landesdatenschutzbeauftragte bestätigt. Zuvor war bereits ein von der SPD im Landtag beauftragtes Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass durch die Ermittlungsarbeit der „BAO Janus“ massiv in Grundrechte eingegriffen worden sei. Die Daten sollen an über 20 Behörden gegangen sein Die überwiegend privaten Daten wurden tatsächlich sehr breit gestreut. Wie das Innenministerium einräumte, seien sie an über 20 Behörden gegangen, an das Bundeskriminalamt, alle Landeskriminalämter, an den Verfassungsschutz oder die Bundespolizei, um nur einige Beispiele zu nennen. So sollte möglichst engmaschig überprüft werden, ob die ins Visier geratenen Personen Verbindungen zu bekannten rechtsextremistischen Netzwerken unterhielten, hieß es. Laut Innenministerium ergaben die Überprüfungen der 12.700 Kontakte am Ende nicht mehr als 26 Treffer. (…) Vielmehr hätte für die Übermittlung einer jeden einzelnen Telefonnummer nach Einschätzung der Datenschützer ein konkreter Ermittlungsansatz vorliegen müssen. Alles andere würde eine Datenverarbeitung „ins Blaue hinein“ bedeuten, die schlicht unzulässig sei. In der Causa Janus Jedoch wurden wohl sämtliche Kontakte übermittelt, bevor die vorliegenden Daten überhaupt ausgewertet worden waren. Damit waren die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorgehen nicht erfüllt, heißt es.

via nrz: CHATGRUPPEN – Datenschutz: Weitergabe von Polizei-Kontakten nicht rechtens

#NSU-Helfer – Die zweifelhafte Ahnungslosigkeit des Neonazis André E. – #terror

Im NSU-Prozess wurde André E. vom schwersten Vorwurf freigesprochen – zum Entsetzen der Opfer und zum Unmut der Bundesanwaltschaft. Der Bundesgerichtshof will seinen Fall nun in Karlsruhe verhandeln. Der NSU-Prozess endete mit dem Beifall von Neonazis. Als der Senat im Juli 2018 den Haftbefehl gegen André E. aufhob, applaudierten auf der Zuschauertribüne seine Kameraden. André E. wurde vom Vorwurf der Beihilfe zum versuchten Mord und von fast allen anderen Vorwürfen freigesprochen. Von den zwölf Jahren Haft, die die Bundesanwaltschaft für ihn gefordert hatte, blieb kaum etwas übrig. Das Oberlandesgericht (OLG) München verurteilte den überzeugten Nationalsozialisten und engen Vertrauten von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt lediglich zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Die Neonazis unter den Zuschauern johlten. Noch am Urteilstag konnte André E. das Gefängnis verlassen. Es war das einzige Urteil im NSU-Prozess, gegen das nicht nur die Verteidigung, sondern auch der Generalbundesanwalt vorgegangen ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab nun bekannt, dass es am 2. Dezember im Fall André E. eine mündliche Verhandlung in Karlsruhe geben wird. Die Entscheidung über das Urteil soll voraussichtlich am 15. Dezember verkündet werden.
Lücken und Widersprüche. Der Generalbundesanwalt will, dass das Urteil gegen André E. aufgehoben wird, soweit er freigesprochen wurde. Das geht aus einem Schreiben hervor, das dem SPIEGEL vorliegt. Die Anklagebehörde fordert einen neuen Prozess vor einem anderen Staatsschutzsenat des OLG München. Der sogenannte Teilfreispruch von André E. sei rechtsfehlerhaft, die Beweiswürdigung weise Lücken und Widersprüche auf. André E., 42 Jahre alt, ist ein strammer Neonazi. Seinen Hass hat er sich auf den Körper tätowiert. »Die Jew Die«, »Stirb, Jude, stirb«, steht auf seinem Bauch. Darunter eine 88, der Nazi-Code für »Heil Hitler«. Über die Jahre kamen weitere Tattoos hinzu. André E. ist ein »Nationalsozialist, der mit Haut und Haaren zu seiner politischen Überzeugung steht«, stellte auch seine Verteidigung fest. Doch eine politische Gesinnung reiche nicht als Tatnachweis. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.

via spiegel: NSU-Helfer – Die zweifelhafte Ahnungslosigkeit des Neonazis André E.

siehe dazu auch: Ralf Wohlleben, André Eminger und Susanne G.: Alle machen weiter. Ralf Wohlleben und André Eminger machen weiter. Nachdem sie im NSU-Prozess in erster Instanz verurteilt wurden (die Revision steht noch aus), sind sie längst wieder auf freiem Fuß.
Die Neonazis, die die beiden immer unterstützt haben, machen weiter. Rechte Terrorist*innen machen weiter. Am Donnerstag, 15. Juli 2021, hätten Ralf Wohlleben, André Eminger und der Nürnberger Neonazi Norman Kempken im Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Susanne G. aus Franken vor dem Münchner Oberlandesgericht als Zeugen aussagen sollen. Alle drei kündigten an, die Auskunft zu verweigern, weil sie ansonsten Gefahr laufen würden, sich gegebenenfalls selbst zu belasten. Die Justiz macht weiter: nachgiebig verzichtete man einfach auf die Anreise der Neonazis. Und der bayerische Verfassungsschutz macht mit seiner V-Personen-Praxis im NSU-Netzwerk ebenfalls weiter.

Zschäpe-Urteil jetzt rechtskräftig: #KeinSchlussstrich – #nsu #terror

Es ist gut, dass die rechtsextreme Mörderin Beate Zschäpe nun rechtskräftig verurteilt ist – vor allem für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer und die Überlebenden der NSU-Anschläge. Einen Schlussstrich bedeutet der Beschluss des Bundesgerichtshofs jedoch nicht, kommentiert Felix Huesmann. Zu viele Fragen zum NSU-Komplex sind noch offen. Das Urteil gegen die rechtsextreme Terroristin Beate Zschäpe ist rechtskräftig – endlich! Der Bundesgerichtshof hat eine Revision Zschäpes und zweier Mitangeklagter gegen das Urteil des Münchner Oberlandesgerichts am Donnerstag verworfen. Wegen der Mittäterschaft an zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und mehreren Raubüberfällen muss Zschäpe lebenslang hinter Gitter. Nur gegen den Mitangeklagten André Eminger wird nun noch einmal verhandelt – die Bundesanwaltschaft hatte eine höhere Strafe für den Neonazi gefordert. Vor allem für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer ist das eine gute Nachricht. Zumindest mit dem langwierigen Gerichtsverfahren können sie nun ein Stück weiter abschließen. Einen Schlussstrich bedeutet die Entscheidung aus Karlsruhe jedoch nicht. Die Aufarbeitung der NSU-Morde ist auch fast zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ und drei Jahre nach dem Münchner Urteilsspruch noch lange nicht abgeschlossen. Der NSU-Prozess ermöglichte eine juristische Aufklärung der Taten des NSU-Kerntrios und einiger ihrer engsten Unterstützer. Zur Ausleuchtung des breiteren Netzwerks der Rechtsterroristen in der bundesdeutschen Neonazi-Szene trugen Staatsanwalt und Gericht jedoch nur wenig bei – trotz fortwährender Versuche der Nebenklagevertreterinnen und -vertreter, den Blick darauf zu weiten.
Bis heute ist unklar, wie viele weitere Rechtsextremisten den Mördern bei der Planung ihrer Taten geholfen und sie bei ihrem Leben im Untergrund unterstützt haben. Unbekannt ist auch, wie viele Mitwisser und Mittäter noch heute in der rechtsextremen Szene aktiv sind und weiterhin eine Bedrohung darstellen. Das Netzwerk des NSU wurde nicht ausgeleuchtet Völlig klar ist jedoch, dass das Netzwerk der Rechtsterroristen aus deutlich mehr Menschen bestand, als in München auf der Anklagebank saßen. Dass wir dies und noch vieles mehr über den NSU wissen, ist den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zu verdanken, der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und nicht zuletzt zivilgesellschaftlichen Initiativen, die seit 2011 unzählige Stunden mit Recherche und Aufklärung zugebracht haben. Dass vieles weiterhin vor der Öffentlichkeit verborgen bleibt, hat auch mit den deutschen Inlandsnachrichtendiensten zu tun. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz schredderte man kurz nach der Selbstenttarnung des NSU Akten, im hessischen Landesamt sollen wichtige Akten noch für Jahrzehnte unter Verschluss gehalten werden. Selbst die so wichtige Frage, warum mit Andreas Temme ein Verfassungsschutzmitarbeiter und V-Mann-Führer 2006 in einem Kasseler Internetcafé war, als die NSU-Mörder dort den 21-jährigen Halit Yozgat erschossen, ist bis heute nicht geklärt. Der hessische Verfassungsschutz stellte sich schützend vor ihn.

via rnd: Zschäpe-Urteil jetzt rechtskräftig: Kein Schlussstrich

siehe auch: Eine wegweisende Entscheidung. Der Bundesgerichtshof lässt keinen Zweifel daran, dass Beate Zschäpe als Mittäterin an den mörderischen Verbrechen des NSU anzusehen ist. Diese Klarheit ist auch angebracht. Als der Nationalsozialistische Untergrund NSU am 4. November 2011 aufflog, da blickte die Republik in einen Abgrund an Fremdenhass und Versagen. Eine braune Mörderbande war 13 Jahre lang tötend und bombend durchs Land gezogen, und niemand hatte gemerkt, worum es sich bei den Erschießungen von Migranten handelte: rechten Terror. Es war ein Skandal, ein halbes Dutzend Verfassungsschutzchefs mussten gehen, viele Bürger verloren das Vertrauen in Polizei, Justiz und Verfassungsschutz – nicht nur in deren Können, sondern vor allem in deren Willen, Rechtsextremisten ernsthaft entgegenzutreten. (…) Nun hat sich der BGH in einer selten klaren und eindeutigen Entscheidung hinter das OLG München gestellt und das Urteil bestätigt. Das Wichtigste daran: Zschäpe ist Mittäterin, nicht nur Helferin ihrer Gefährten – obwohl sie an keinem Tatort dabei war und meist nur zu Hause saß. Der BGH hat damit seine bisher restriktive Linie verlassen, wonach nur Mittäter ist, wer bei den Taten unmittelbar mitwirkt. Einer ihrer Verteidiger spricht nun von fehlendem Mut des BGH, sich dem öffentlichen Druck entgegenzustellen.