Die extreme Rechte beschädigt ein Kerninstrument der Demokratie: die offene Diskussionskultur. Denn sie will gar nicht reden – ihr geht es allein um Terraingewinn. Grund genug, den politischen Dialog mit den Rechten einzustellen. Der Aufstieg der neuen Rechten begann mit dem Satz „Das wird man wohl noch sagen dürfen!“ Dieser Satz wurde bemüht, wenn die Rechten Dinge sagten, über die alle sich empörten. Er erlaubte ihnen, sich über die Empörung der anderen zu empören. In der ersten Zeit gab es das Projekt „Mit Rechten reden“. Man wollte die „besorgten Bürger“ verstehen, sie einbinden in den Dialog. Ich erinnere mich, wie mir vor gut zehn Jahren auf einem Podium das Wort „Lügenpresse!“ entgegengeschleudert wurde. Damals war das Wort noch neu, und ich wollte der Dame im Publikum allen Ernstes erklären, wie es in einer Redaktion zugeht. Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass es dieser Dame nicht um Fakten ging, sondern um Territorium. Das Projekt „Mit Rechten reden“ ist gescheitert, denn die Rechten wollten gar nicht mit uns reden, im Gegenteil: Sie brachen alle Regeln des Gesprächs. Die Brandstifter unter ihnen profilierten sich bei öffentlichen Auftritten in der Disziplin des Taubenschachs: Man stolziert übers Spielfeld, schmeißt die Figuren um, kackt aufs Brett und erklärt sich zum Sieger. Die Rechten erheben Anspruch auf eine widerspruchsfreie Zone, um jene untergegangene Welt heraufzubeschwören, in der Männer noch Männer waren und das Stadtbild übersichtlich. Argumente stören dabei nur. Die Brandstifter setzen auf explosive Emotionen: Hass, Angst und Wut. Dabei wird das gesamte politische Feld bespielt: Coronamaßnahmen, Windräder, Russlands Angriffskrieg. Doch so austauschbar die Themen, so eindeutig ist die Stoßrichtung: Immer geht es gegen den als links und elitär denunzierten Mainstream. Der Kulturkampf von rechts zielt auf den Kern der Demokratie: auf Adornos woke Idee einer Gesellschaft, in der man ohne Angst verschieden sein kann. Mit der Toleranz allerdings verhält es sich wie mit der Demokratie: Sie ist ihre eigene Achillesferse. Der Philosoph Karl Popper schuf 1944 den Begriff des Toleranz-Paradoxons: „Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz.“  Thomas Mann formuliert es drastischer: „Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt.“

via deutschlandfunkkultur: Die Rechten vom Spielbrett der Demokratie verbannen

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