Eine kremlnahe Stiftung setzt sich weltweit für Russlands Interessen ein, sie soll von russischen Geheimdiensten gesteuert sein. Nach SPIEGEL-Recherchen finanzierte sie auch einen der Verteidiger des Tiergarten-Mörders. Ein schneeweißer Altbau an einer der renommiertesten Adressen der Hauptstadt. Hier, hinter schattigen Kastanien und Platanen in der Berliner Fasanenstraße, hat die Anwaltskanzlei Unger ihren Sitz. Robert Unger, ein hagerer Mann mit Brille, gilt als Promi-Verteidiger. Egon Krenz, der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR, gehörte zu seinen Mandanten. Auch Größen aus der Film- und Kulturbranche hat Unger schon vertreten. Ungers bislang brisantester Job aber war wohl das Verfahren zum sogenannten Tiergartenmord. Eine Bluttat, die die Richter in ihrem Urteil russischen »Staatsterrorismus« nannten, auch wenn Moskau bis zum Schluss jede Verwicklung bestritt. Das Kammergericht war jedoch davon überzeugt. Der Mörder, ein Profikiller, erschoss im Auftrag des russischen Sicherheitapparates im Sommer 2019 einen tschetschenischen Exil-Georgier am helllichten Tag, mitten in Berlin. Stiftung mit engen Drähten zu Geheimdiensten. Interne Dokumente aus einer von Moskau finanzierten Stiftung zeigen nun erstmals: Der russische Staat hat sehr viel Geld gezahlt, um dem Mörder Staranwalt Unger zur Seite zu stellen. Für offenbar Hunderttausende Euro Honorar aus einer Kriegskasse des Kreml kämpfte Unger vermutlich nicht nur für ein mildes Urteil. Womöglich lieferte er der russischen Stiftung mit mutmaßlich engen Drähten zu Geheimdiensten auch sensible Informationen aus dem Verfahren. (…) In den Unterlagen findet sich eine Abrechnung Robert Ungers, versehen mit dessen Unterschrift und Bürostempel. Nachzulesen ist dort sein Honorar für die letzten zehn Verhandlungstage in Höhe von 60.000 Euro – also 6000 Euro pro Tag. Multipliziert man den Tagessatz mit allen 56 Prozesstagen, ergibt sich ein wahrscheinliches Honorar von knapp 336.000 Euro für die gesamte Hauptverhandlung – eine stolze Summe für ein aus russischer Sicht wohl bescheidenes Ergebnis. Interessant könnte für Moskau aber auch Ungers Zugang zu vertraulichen Verfahrensinformationen gewesen sein. Dass der Verteidiger wohl nicht nur Rechnungen nach Moskau schickte, zeigt ein der Abrechnung beigefügter »inhaltlicher Bericht« vom Februar 2022. Darin finden sich kurze Zusammenfassungen über wichtige Ereignisse an den Verhandlungstagen samt Namen und teilweise auch Inhalte von Zeugenaussagen. An einer Stelle taucht der russische Investigativreporter Roman Dobrokhotov auf, der gegen den Auftragskiller aussagte. Erst wenige Monate vor dessen Aussage im Tiergartenprozess, nach einer Durchsuchung seiner Moskauer Wohnung, war der Journalist aus Russland geflohen. Seitdem wird er vom FSB gesucht. Im Fokus der Spionageabwehr Lieferte Unger der russischen Seite während des Prozesses sensible Informationen gegen Personen wie Dobrokhotov? Dazu wollte sich der Verteidiger auf Anfrage mit Verweis auf seine anwaltliche Schweigepflicht nicht äußern. Dass der Verteidiger bereit war, offensiv mit persönlichen Angaben von gefährdeten Belastungszeugen umzugehen, wird an einem anderen Beispiel deutlich. So tat Unger während einer Verhandlung im Gerichtssaal alles, um den Namen eines weiteren Rechercheurs und Belastungszeugen, der aufgrund seiner Gefährdung nur anonymisiert vernommen werden sollte, zu entlarven – vor Publikum

via spiegel: Tiergarten-Mord – Berliner Staranwalt bekam offenbar Hunderttausende Euro aus Moskau

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