In der rheinland-pfälzischen Provinz entstehen immer mehr Treffpunkte rechter Selbstverwalter*innen. Nicht alle Gemeinden können damit umgehen. Wer die Andernacher Innenstadt in Rheinland-Pfalz verlässt, ahnt nicht, dass bald die Bundesrepublik Deutschland enden könnte. Kleine Höfe wechseln sich mit grünen Wiesen ab, auf denen Pferde in der Morgensonne grasen. In der Ferne ist der Rhein zu sehen. Doch dann fällt der Blick auf einen Hof, der schon älter aussieht. Ein Minibus mit Rissen in den Fensterscheiben ist dort am Wegesrand geparkt, und überall sind Schilder aufgestellt. Neben dem Durchgang zu einem kleinen Innenhof am Zaun, gleich neben dem großen Holztor mit der Aufschrift „MSH-Ranch“. „Hier gilt Preußisches Staats- und Landrecht“, steht darauf. Die Schilder gibt es schon länger. Beachtet hat sie jedoch kaum jemand. Bis im August Matthes Haug auftritt. Rund 70 Menschen wollten in Andernach dem Mann zuhören, den der mutmaßliche Rechtsterrorist Heinrich XIII. Prinz Reuss in seinem Schattenkabinett als Minister für Völkerrecht vorgesehen haben soll. Der Mann, der mit seiner „Patriotischen Union“ laut Bundesgerichtshof höchstwahrscheinlich einen gewaltsamen Umsturz plante. Anders als viele seiner Ge­sin­nungs­ge­nos­s*in­nen wird Haug bei der bundesweiten Antiterrorrazzia im Dezember 2022 nicht verhaftet. Er soll wohl nicht zum engsten Kern der Verschwörer gehört haben. Stattdessen tourt er weiterhin durchs Land und stellt die Inhalte seines Buchs „Das Deutsche Reich von 1871 bis heute“ vor. (…) Ende 2022 gehörten in Rheinland-Pfalz laut Verfassungsschutz rund 950 Menschen dem Reichsbürgerinnen-Spektrum an, 140 von ihnen galten als gewaltorientiert. Und die Tendenz ist stark steigend. Allein in den vergangenen vier Jahren hat sich die Zahl der gewaltorientierten Reichs­bür­ge­rin­nen in Rheinland-Pfalz beinahe verdoppelt. Die einzelnen Gruppierungen sind inhaltlich zersplittert. Was sie aber eint, ist die Ablehnung des herrschenden Systems. Das rheinland-pfälzische Innenministerium geht von einer „nicht zu unterschätzenden Gefahr“ durch die Szene und ihre den Staat ablehnenden An­hän­ge­rin­nen aus. Die Kleinstadt Andernach ist zu einem wichtigen Treffpunkt der Reichs­bür­ge­rin­nen geworden. Die Polizei hat die MSH-Ranch im Blick, die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus spricht von einem potenziell gefährlichen Betreiber-Ehepaar.

via taz: Rechte Esoterik auf dem Land :Reichsbürger sucht Dorf