Russlands Soldaten wissen weder aus noch ein: Fahnenflucht scheint Alltag zu sein. Auf der Krim haben Deserteure jetzt wohl einen Offizier getötet. Kein Krieg im Allgemeinen ohne Gehorsam im Einzelnen: Wladimir Putins Invasionsarmee blutet aus. Immer mehr Männer springen Russland von der Fahne – aktuell auch auf der Krim: Mehrere Soldaten der 20. motorisierten Schützendivision als Teil der 8. Armee im Süden Russlands sollen jetzt desertiert sein und in dem Zusammenhang ihren stellvertretenden Regimentskommandeur so schwer verletzt haben, dass dieser kurze Zeit darauf verstarb. Darüber berichten mehrere unabhängige Medien unter Berufung auf den ukrainischen Geheimdienst, ohne nähere Einzelheiten zu nennen. Die 20. motorisierte Schützendivision ist auf der besetzten Krim stationiert. Desertion scheint Alltag in der Invasionsarmee von Wladimir Putin. Das mag mit den Erfolgen der Gegenoffensive im Ukraine-Krieg zu tun haben, ganz sicher aber mit der geringen Wertschätzung Russlands gegenüber ihren Soldaten, wie Christian Göbel meint. Im Bundeswehr-Podcast „Nachgefragt“ sagte der Oberstleutnant der Reserve am Zentrum für Militärgeschichte: „In Russland gibt es leider noch immer zum Beispiel die sogenannte ,Dedowtschina‘ (‚Herrschaft der Großväter‘), die bezeichnet die extreme Schikane von jüngeren durch ältere Soldaten; Offiziere misshandeln zudem Untergebene, es gibt das Gewaltregime generell oder Soldatenmisshandlung untereinander; Kadavergehorsam soll eingeprügelt werden.“ Göbel zitiert in diesem Zusammenhang den ehemaligen russischen Reserve-Offizier und heutigen Autoren Michail Schischkin: „Die russische Armee war und bleibt eine ‚Schule der Sklaven‘, in der ältere Soldaten praktisch unbeschränkte Macht über neue ‚Rekruten haben“, wie Schischkin schreibt. (…) Laut dem im September 2022 in Russland verschärften Gesetz drohen bei Desertion bis zu 15 Jahre Haft, bei freiwilliger Gefangennahme durch den Gegner zehn Jahre. „Verrat ist das schwerste Verbrechen, und Verräter müssen bestraft werden“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin bereits 2019 nach dem Giftanschlag auf den russischen Systemgegner Sergej Skripal. Das Menschenbild in Russland widerspricht dem europäischen klar – das wurde vor allem in den Kriegen Russlands offensichtlich und ist jetzt überdeutlich: Als Stresstest für die Legitimation des Regimes hatte der deutsche Thinktank Stiftung Wissenschaft und Politik den Ukraine-Konflikt bereits kurz nach dessen Ausbruch bezeichnet. Dessen Prophezeiungen sind eingetreten.
via merkur: Russische Deserteure erschlagen Kommandeur und fliehen von Krim-Halbinsel
