Friedrich Merz macht „glasklare Ansagen“ über die Brandmauer zur AfD. Die CDU-Basis in Sachsen kümmert das wenig. Und Ministerpräsident Kretschmer schaut zu. Mitte der Woche sorgte ein Video des Bautzener Landrats für Aufsehen. „Ich will an dieser Stelle absichtlich auch vor dem Weihnachtsfest Ihnen klar und deutlich sagen: Es ist nicht unsere Absicht, den Sport – ob nun den Schul- oder auch den Freizeitsport – jetzt für diese Asylpolitik bluten zu lassen“, erklärte Udo Witschas. Er werde keine Flüchtlinge mehr in Turnhallen unterbringen und auch nicht in dezentralen Unterkünften, also Wohnungen. Die Einwohner „sollen sich auch nicht Gedanken machen, dass Menschen, die erst lernen müssen, mit unserem Leben, mit unserer Gesellschaft klarzukommen, jetzt in unsere Wohnungen integriert werden und damit der soziale Frieden gefährdet ist.“ Die Bundesregierung zwinge der Provinz Flüchtlinge auf, die sie nicht in ihrer Mitte haben wolle, war die Botschaft, und der Schlusssatz „Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle frohe und gesegnete Weihnachten“ setzte noch eine Pointe drauf. Wer hier wie ein AfD-Mann sprach, ist tatsächlich ein CDU-Mann. Witschas ist 51 Jahre alt und wurde im Juli zum Landrat gewählt. Jetzt hat er seine erste Weihnachtsbotschaft verschickt und dafür nicht nur von anderen Parteien Tadel geerntet. Auch der CDU-Bundesvorstand distanzierte sich „mit Nachdruck“. Es war bereits das zweite Mal in einer Woche, dass Witschas und die regionale CDU Aufsehen erregten. Davor hatte die Union im Kreistag einem AfD-Antrag zur Mehrheit verholfen, der eine Kürzung von Integrationsmitteln für abgelehnte Asylbewerber forderte. Beide Vorgänge sind insofern bezeichnend, als kein Unterschied mehr zwischen AfD und Union auszumachen ist. Lediglich ein CDU-Kreisrat stimmte gegen den Antrag, ein weiterer entschuldigte sich später. Der Rest der Unionskreisräte schweigt oder unterstützt AfD-Politik ausdrücklich. (…) Das war kein Versehen, kein Ausrutscher und schon gar kein Einzelfall, genauso wenig wie die gemeinsame Abstimmung mit der AfD in der Woche zuvor. Da rechtfertigte sich die CDU-Fraktion im Kreistag mit dem ebenfalls bekannten Argument, es gehe auf kommunaler Ebene nicht um Parteipolitik oder „Kindergartenspielchen“, wie sich der CDU-Fraktionschef im Kreistag ausdrückte, sondern um die Sache. Und Witschas, der ebenfalls mit der AfD gestimmt hatte, ergänzte, dass er „mit allen Kreisräten vernünftig“ zusammenarbeite. Also auch mit jenen von der AfD. Oder vielmehr: gerade mit jenen von der AfD. Denn der Antrag, Integrationsleistungen für abgelehnte Asylbewerber zu kürzen, hat mit Sachpolitik wenig zu tun. Es geht dabei lediglich um Zuschüsse des Landkreises zu Sprachkursen oder Beratungen zu Kita- und Schulbesuch, insgesamt eine überschaubare Summe. Für die Einwohner würde das keinen Unterschied machen, für einige Asylbewerber sehr wohl. Und genau darum geht es. Der Antrag oder Reden wie die von Witschas’ Video besitzen einen hohen Symbolgehalt. Die CDU-Basis rebelliert damit gegen eine Asylpolitik, die sie nach Merkels Abschied nun durch die Ampelkoalition in Berlin auch noch verschärft sieht. Es geht darum, „denen da oben“, also in Berlin und auch dem Westen, von dem man sich ohnehin nicht verstanden fühlt, eins auszuwischen. Und die entsetzten, zum Teil auch maßlos übertriebenen Reaktionen von dort bestärken die Verursacher insgeheim in dem Gefühl, die Schmerzpunkte getroffen zu haben.

via faz: ABGRENZUNG NACH RECHTS Bautzener Verhältnisse