Eine Klinik und das Landratsamt in Tuttlingen fordern Pflege- und Behindertenzentren auf, „in dieser schwierigen Zeit Krankenhauseinweisungen besonders sorgfältig zu bedenken“. Sollen Betroffene von einer Behandlung ferngehalten werden, um eine Klinik-Überlastung zu vermeiden? Es ist ein „dringender Appell“, mit dem sich der Geschäftsführer des Klinikums Landkreis Tuttlingen (Baden-Württemberg) und der Sozialdezernent des Landratsamts an die stationären Einrichtungen und ambulanten Dienste der Region richteten. In dem Brief aus der vorvergangenen Woche, der WELT vorliegt, heißt es: „Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Behandlungsmöglichkeiten im akutstationären Bereich tatsächlich den Menschen – auch denen unter Ihren Bewohnerinnen und Bewohnern – zur Verfügung gestellt werden, die davon profitieren können.“ Die Behandlungsmöglichkeiten des Corona-bedingten Lungenversagens bei betagten Menschen mit schweren Begleiterkrankungen seien ausgesprochen limitiert. Und tatsächlich kommt eine Studie von Intensivmedizinern vom Juli dieses Jahres zum Ergebnis, dass 73 Prozent der Corona-Patienten in Deutschland, die in den ersten beiden Corona-Wellen mit einer künstlichen Lunge beatmet wurden, den Einsatz nicht überlebt haben. Auch das Regenerationspotenzial der Lunge gilt als gering. (…) Die Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen-Fraktion, erhebt schwere Vorwürfe gegen Klinikum und Landratsamt. „In Tuttlingen wird offenbar versucht, Priorisierungen bereits vorgelagert in den Einrichtungen zu treffen. Das ist eine Form der versteckten Triage“, sagt sie. Das Problem der überlasteten Intensivkapazitäten werde dadurch verschleiert.