Ein Scientologe half Michael Ballweg von Anfang an, dessen Organisation “Querdenken” aufzubauen. Recherchen von t-online und SWR zeigen, wie sich ein Mann in der Sekte und in der sektenähnlichen Organisation einbringt. “Wir sind nicht für den Lebenslauf einzelner Aktivisten verantwortlich.” Es ist eine Antwort, die von “Querdenken-711” routiniert und immer wieder kommt. Die Bewegung des Stuttgarter IT-Unternehmers Michael Ballweg wurde mit Anti-Corona-Demos in ganz Deutschland bekannt. Kritische Fragen gab es schon viele dazu, wer bei der vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation beteiligt ist. Nun gibt es eine neue Dimension: Ein langjähriger Scientologe war einer der ersten Unterstützer von Michael Ballweg und danach offenbar weiter mit dem Organisationsteam gut vernetzt. Ballweg und sein Mitstreiter beklagen eine Kampagne. Arne E. stand nur einmal am Mikro auf den großen Bühnen der Querdenken-Demos und wurde nicht mit vollem Namen angekündigt. Er ist auch inzwischen nur mit Pseudonym auf dem Messengerdienst Telegram unterwegs. Er drängt nicht in die Öffentlichkeit, deshalb nennt t-online seinen richtigen Namen hier nicht. Aber Arne E. ist ein “Patron with honors” bei der Scientology-Organisation. Und er hat “Querdenken” offenbar mit Organisationstalent und Einsatz aus den Startlöchern geholfen.
Bei der ersten Demo dabei Die Geschichte der Zusammenarbeit des Scientologen und von “Querdenken” führt in die Zeit, als “Querdenken” noch nicht so hieß. Am 18. April 2020 lud Ballweg in Stuttgart zur ersten angemeldeten Demo gegen die Corona-Politik. Es war eine überschaubare Veranstaltung mit gerade einmal zwei Dutzend Teilnehmern. Aber Arne E. war einer von ihnen. Er hielt ein Schild hoch, auf dem es um die Artikel 5 und 8 des Grundgesetzes ging: Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Zwei Tage später meldete sich E. in der damals 45 Mitglieder zählenden Telegram-Gruppe von Ballweg. t-online liegen die Chats vor. E. schrieb, er wolle helfen, sei Ordner. Und er fragte nach einem Spendenkonto. Er ist offenbar ein großzügiger Mensch. 2017 spendete der Handwerker immerhin 100.000 Dollar an Scientology. Und bekam dafür gemeinsam mit seiner Frau ein Foto mitsamt Würdigung im Sekten-Magazin “Impact”. (…) Am 25. April kamen bis zu 500 Teilnehmer. Das Abstandsgebot war nicht einzuhalten, die Lautersprecheranlage überfordert. Hilfe kam von einem Abgeordneten, der für die AfD in den Landtag eingezogen war: Heinrich Fiechtner lieh sein Megafon. Dass er bei der Demo ganz vorn stand, störte viele Teilnehmer. Ihm habe das auch nicht gefallen, sagte Ballweg hinterher. Es ist eine seiner seltenen Distanzierungen von Mitstreitern. Arne E. meldete sich später auch in der Diskussion bei Telegram: Fiechtner sei inzwischen parteilos. Aber wie man sehe, habe es ein “G’schmäckle”. Hat es denn nicht auch ein G’schmäckle, dass ein Scientologe die Ordner bei Demos organisiert? “Wir haben mit Scientology nichts zu tun”, lässt Ballweg auf Anfrage erklären. Von einer Beziehung zwischen Scientology und E. wisse “Querdenken” nichts. Seine Organisation sei als Bürgerinitiative ein loser Zusammenschluss von Aktivisten und Demonstranten, bei der keine Überwachung der einzelnen Biografien stattfinde.

via t-online: Aktiver der ersten Stunde  – Scientologe half “Querdenken” aus den Startlöchern