Laschet-Regierung will Demonstrierende wie Kriminelle behandeln

Die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW stellt sich gegen eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts und will das Demonstrationsrecht empfindlich einschränken. Sogar die weißen Overalls von Klimademonstrant:innen sollen künftig verboten sein: Der Gesetzentwurf nennt sie in einer Reihe mit Nazi-Uniformen von SA und SS. Die schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen unter Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet will nach der Sommerpause ein Versammlungsgesetz beschließen, das im Vorfeld für Kritik und Proteste sorgt. Kritiker:innen sehen in den Plänen der Landesregierung autoritäre Tendenzen. Der Gesetzentwurf der Laschet-Regierung nennt die weißen Maleranzüge, die Demonstrant:innen bei manchen Klimaprotesten seit Jahren tragen, in einer Reihe mit Springerstiefeln und Uniformen der Nazi-Organisationen SS und SA. (…) In der Kritik stehen gleich mehrere Paragrafen des Gesetzes. So soll der Versammlungsleiter einer Demo deutlich mehr Pflichten bekommen. Laut dem Versammlungsrechtsexperten Clemens Arzt wird er im Gesetz in die Rolle eines quasi-polizeilichen Verantwortlichen gebracht. Bei Gegendemos, zum Beispiel gegen einen Nazi-Aufmarsch, sind in Zukunft schon „einfache Störungen“ und „Behinderungen“ verboten. Die Gewerkschaft ver.di kritisiert, dass auch friedliche Gegendemonstrationen mit lautstarker Musik oder Sprechchören mit dem Paragrafen de facto aufgelöst werden könnten. Die Abgrenzung, was erlaubte Meinungsäußerung und was verbotene Störung ist, sei für Versammlungsteilnehmer:innen durch das Gesetz nicht erkennbar.
In der Gesetzesbegründung werden sogar sogenannte Blockadetrainings im Vorfeld von Demonstrationen als „rechtswidrig“ eingestuft. Dies widerspricht laut der Stellungnahme von Clemens Arzt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Ein freiheitliches Versammlungsrecht hingegen würde die Versammlungsfreiheit beider Demonstrationen schützen, aber Gegenprotest in Hör- und Sichtweite ausdrücklich ermöglichen. Namentliche Erfassung von Ordner:innen Laut dem Entwurf soll die Polizei in Zukunft die Anweisung erteilen können, dass Ordner:innen auf Demonstrationen namentlich gegenüber der Polizei genannt werden müssen, wenn „tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine mögliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehen. Da es sich bei den Ordner:innen um Versammlungsteilnehmende handelt und diese meistens aus den politischen Initiativen und Bündnissen selbst kommen, bietet sich hier zudem ein Einfallstor für den Staat, um politische Strukturen auszuleuchten. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Landespolizeien teilweise ausführliche Demonstrationsberichte an den Verfassungsschutz weiterleiten. Polizeirechtsprofessor Arzt bemängelt, die Regelung führe faktisch zum Recht der zuständigen Behörde, jederzeit eine Zuverlässigkeitskontrolle gegenüber allen Ordner:innen durchzuführen. Die Schwelle zu einer solchen Datenerhebung müsse jedoch höher sein. Selbst in Bayern sei diese Schwelle höher. Dabei ist der Freistaat für sein strenges Versammlungsgesetz bekannt.

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