Holger Gerlach war einer der wichtigsten Unterstützer des NSU und einer der fünf Angeklagten im NSU-Prozess in München. Er ermöglichte dem NSU-Trio ein Leben im Untergrund, organisierte innerhalb der rechten Szene Unterstützung und transportierte mindestens eine Waffe für das Trio. Gerlach steht dabei für ein breites Netzwerk in Niedersachsen, welches direkt oder indirekt das Trio und ihr Handeln unterstützt hat. Holger Gerlach wurde 1974 in Jena geboren und wuchs dort auf. Zwischen 1988 und 1997 war er Mitglied des „Nationalen Widerstand Jena“ und somit Teil des „Thüringer Heimatschutz“ (THS), in welchem auch das NSU-Trio aktiv war, bevor es 1997 in den Untergrund ging. Gerlach lernte Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in den frühen 1990er-Jahren kennen. Fotos zeigen ihn unter anderem 1996 auf einer Neonazi-­Demonstration für den Kriegsverbrecher Rudolf Heß in Worms, dort trägt er mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Ralf Wohlleben eine schwarz-weiß-rote Fahne. 1997 zog Gerlach mit seiner Mutter nach Hannover-Bothfeld. Uwe Mundlos half bei dem Umzug. Bis 2010 arbeitete Gerlach als Lagerist und war unter anderem Mitglied im Betriebsrat. Im Jahr 2009 zog er mit seiner Freundin in das an die Region Hannover grenzende Lauenau im Landkreis Schaumburg. In Hannover nahm er weiterhin an Demonstrationen und Aktionen der örtlichen Neonazi-Szene teil und hatte Kontakt zu „Blood & Honour“-­Kreisen. Außerdem gehörte er der Kameradschaftsszene an und war z.B. Teil der hannoverschen „Kameradschaft Verena“, einer insofern bedeutenden Kameradschaft, als dass sie von einer Frau, Verena J., geführt und nach ihr benannt wurde. Gerlach besuchte im gesamten Bundesgebiet Neonazi-Demonstrationen, so unter anderem 2003 in Neumünster und Wunsiedel gegen die sog. „Wehrmachtsausstellung“, im Jahr 2005 den sogenannten „Trauermarsch“ in Magdeburg. Er selbst gab an sich ab 2004 von der rechten Szene gelöst und anschließend nur noch vereinzelt, auf freundschaftlicher Ebene bestehenden Kontakt zu „alten Kameraden“ gehabt zu haben. Später behauptete er erst ab Ende 2011 wieder vermehrt den Kontakt zur rechten Szene in Hannover gesucht zu haben. Er wurde jedoch auch zwischen den Jahren 2004 und 2011 auf Neonazi-­Demonstrationen und -Aktionen gesehen. So demonstrierte er 2005 zusammen mit dem regionalem Neonazi-­Aktivisten Marc-­Oliver M. in Magdeburg anlässlich der Bombardierung der Stadt im zweiten Weltkrieg. Im Mai des gleichen Jahres reiste er mit Marc-Oliver M. nach Berlin, um an einer Demonstration der NPD-Jugendorganisation teilzunehmen. Einen Monat später demonstrierte er mit Neonazis in Braunschweig. Fotos zeigen ihn in einer Gruppe von Neonazis der „Kame­radschaft Weserbergland“. Im Dezember 2005 provozierte Gerlach zusammen mit Marc-Oliver M. am Rand einer Schüler_innen-Demo gegen rechte Gewalt in Garbsen und wurde von Antifaschist_innen verjagt. Noch kurz vor seiner Festnahme, am 25. Oktober 2011 begleiteten er und der Neonazi-Aktivist Sebastian W. (Garbsen) ihren gemeinsamen Freund Marc-Oliver M. zu einem Prozess am Amtsgericht Hannover gegen Antifaschist_innen, weil dieser „Stress mit Linken“ befürchtete. Im Prozess ging es um einen Angriff sechs Jahre zuvor.
Die wohl wichtigsten bekannten NSU-Unter­stützungsaktionen von Holger Gerlach waren die Beschaffung bzw. Bereitstellung eines Führerscheins, eines Personalausweises und einer AOK-Krankenkassenkarte. Bereits zwei Jahre nach Gerlachs Umzug nach Hannover wurde er von Ralf Wohlleben angesprochen und um Unterstützung für das Trio gebeten. Wohlleben und er kannten sich aus der gemeinsamen Zeit im „Thüringer Heimatschutz“. Gerlach gab Wohlleben 3.000 DM für den NSU. Auf der Hochzeit des führenden Neonazis Thorsten Heise mit Nadine Q. im Juni 1999 in Northeim soll er mit Heise über Möglichkeiten einer Flucht des Trios nach Südafrika gesprochen haben. Kontakte gab es vermutlich schon vorher. Gerlach soll z.B. zum Kreis der Jenaer RechtsRock-Band „Vergeltung“ gezählt haben, die auf einem der sog. „Northeim-Sampler“ von Heise veröffentlicht wurde. Das Vorgespräch mit Heise zur Unterstützung des NSU führte schließlich ein anderer Gast: Tino Brandt, Führer der damaligen Kameradschaft von Gerlach, Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe in der Vergangenheit. Tino Brandt war zu diesem Zeitpunkt bereits V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Im Jahr 2007 fand das BKA bei einer Razzia auf Heises Grundstück im Eichsfeld mehrere Kassetten aus einem Diktiergerät, die das Gespräch zwischen den beiden und den Inhalt dokumentieren. Nachdem Brandt vorgefühlt hatte, sprach Gerlach mit dem Bräutigam über mögliche Optionen. Zwischen Sommer 2000 und Ende Juni 2001, kurz vor dem ersten Mord des NSU, entwickelte Gerlach eine Briefreundschaft zum damaligen Zeitpunkt im Gefängnis sitzenden Thorsten Heise. Rund ein Dutzend Briefe gingen durch die Kontrolle der Anstalt. In den Vernehmungen erinnerte sich Gerlach später zumindest an zwei weitere Treffen mit Heise. Eins im Auftrag von Wohlleben, ein weiteres im Auftrag von Brandt. Ungefähr 1999 soll Heise ihm dann eine Telefonnummer in Südafrika als Kontakt gegeben haben. Thorsten Heise wiederum erinnerte sich in seiner Vernehmung später weder an Gerlach, noch an die Treffen mit ihm.

via aib: Holger Gerlach und der NSU in Niedersachsen