Das Internet ist voll mit Hass und Hetze und menschenfeindlichen Verschwörungserzählungen. Solche Inhalte würden auch zunehmend auf unverdächtigen Plattformen verbreitet, warnt Rechtsextremismus-Expertin Judith Rahner. Eine für viele unerwartete Zielgruppe: Mütter. Dass Rechtsextremisten und Anhänger von Verschwörungstheorien ihre Ansichten im Internet verbreiten und hierfür gezielt soziale Medien nutzen, ist weithin bekannt. Zunehmend würden dazu aber auch unverdächtige Seiten und Plattformen genutzt wie etwa Blogs, die sich gezielt an Mütter richten. “Derzeit wird hier über vermeintlich typische Frauenthemen wie Kindeswohl, Impfung oder Erziehung Stimmung gemacht”, warnt Judith Rahner, die bei der Amadeu-Antonio-Stiftung für Rechtsextremismusprävention zuständig ist, im Interview mit RTL.de. “Rechtsextreme versuchen darüber, Frauen anzusprechen und sie mit rechtsextremen Deutungsangeboten zu versorgen.” Die Gesellschaft unterschätze die Rolle von Frauen im Rechtsextremismus, warnt Rahner. “Oft genug wird einfach übersehen, verharmlost und relativiert, wenn Mädchen oder Frauen mit rassistischen oder judenfeindlichen Sprüchen auffallen.” Eine Rolle spielt dabei auch das Schubladendenken der Mehrheitsgesellschaft, in der Frauen per se als “friedfertiger, gewaltloser oder unpolitischer” wahrgenommen würden. Rahner macht – wie andere Experten auch – einen zusätzlichen Aufschwung für Verschwörungserzählungen durch die Corona-Pandemie aus. In Krisenzeiten hätten “Verschwörungserzählungen Hochkonjunktur”, sagt sie. “Dazu wird vor allem auf uralte antisemitische Klischees und Verschwörungserzählungen zurückgegriffen.”
Unbedarfte Mütter stoßen auf rechtsextreme Ideen Auffällig ist hierbei die auch zunehmend in Deutschland verbreitete QAnon-Bewegung, der zufolge in Geheimbünden organisierte Eliten Tausende Kinder gefangen halten, foltern und aus dem Kinderblut ein vermeintliches Supermedikament namens Adrenochrom herstellen. “Einige Influencer erklären sich als Mütter dazu verpflichtet, diesen vermeintlich wahren Geschichten von Kindesmissbrauch nachzugehen. Gruppen wie “QAnon-Moms on mission” oder “Moms for QAnon” verbreiten ihre verstörenden Verschwörungsideen als “besorgte Mütter” äußerst sendungsbewusst unter ihren vielen Tausend Followern”, berichtet Rahner. “In Deutschland ist dieser Trend ebenfalls zu beobachten. So kommen auch völlig unbedarfte oder tatsächlich besorgte Mütter mit rechtsextremen Welterklärungen in Kontakt.” Zu erkennen seien diese Netzaktivisten am oft genutzten Symbol ‘Q’ oder etwa der Losung WWG1WGA (eine Abkürzung für “when we go one, we go all”). Auch unter Hashtags wie #safethechildren oder #theawakening finden sich demnach oft QAnon-Inhalte.

via nzv: Unterschätzte Gefahr im Netz Rechtsextreme unterwandern Mütter-Blogs