Nürnberger Fans: Gedenken an einen Neonazi

Der Mann, der Mitte September starb, war glühender Anhänger des 1. FC Nürnberg und Dauergast in der Nordkurve des Max-Morlock-Stadions. Auf den ersten Blick mag es also durchaus geboten erscheinen, dass Teile der Club-Fanszene seiner auch öffentlich gedachten. “Ruhe in Frieden, Kecki”, stand auf einem großen Transparent, das Fans in der vergangenen Woche am Außenzaun zur Nordkurve anbrachten. Die “Rot-Schwarze Hilfe” (RSH), ein Zusammenschluss von Juristen, der Fans bei Schwierigkeiten mit der Polizei vertritt, legte ein Kondolenzbuch im Internet auf. Doch das ist aus dem Netz verschwunden, ebenso wie die Erklärung der RSH, man habe es schließen müssen, weil es “für politische Zwecke missbraucht” worden sei. Dass das die RSH wundert, ist wiederum verwunderlich. Denn der verstorbene Christian K. war nicht nur Fußballfan, er war auch einer der führenden Neonazis Bayerns und eine Schlüsselfigur in der rechtsextremen Musikszene. “K. war Aktivist des rechtsextremen Blood-and-honour-Netzwerkes”, weiß Jonas Miller, der zum investigativen Rechercheteam des Bayrischen Rundfunks gehört und ein profunder Kenner der rechten Szene ist. Auch Verbindungen zum NSU seien wahrscheinlich. Fotos zeigen K. zudem beim 2017 von 6000 Neonazis besuchten Rechtsrock-Festival “Rock gegen Überfremdung” in Themar (Thüringen) und auf einem europaweiten Rechtsrocktreffen im Veneto. Besonders gut waren seine Verbindungen zur Szene-Band “Sleipnir”. (…) Wer in Nürnberg recherchiert, trifft auf viele Menschen, die sich nicht öffentlich äußern möchten. Zwei Argumentationsmuster hört man dennoch. Zum einen, dass eine jahrzehntelange Sozialisierung in einer Fankurve die unterschiedlichsten Menschen zusammenbringe. Und dass dies Außenstehende nicht verstehen könnten, liege in der Natur der Sache. Zum anderen, dass man zwischen der Person und der politischen Gesinnung K.’s trennen müsse. Diese Argumentation erinnert allerdings fatal an die Ereignisse rund um den Chemnitzer FC im März 2019, als die Fankurve des verstorbenen Neonazis Thomas Haller gedachte und dabei sogar mit einer Durchsage des Stadionsprechers unterstützt wurde.

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