Vor dem Anschlag in Charleston 2015 konnte der Attentäter eine Waffe legal nur kaufen, weil sich seine Überprüfung länger als drei Tage hingezogen hatte. Seit Beginn der Corona-Pandemie wird dieser „Fehler“ zur Regel. Der Anschlag auf die Emanuel African Methodist Episcopal Church in Charleston zählt in den Vereinigten Staaten zu den erschütterndsten Verbrechen der vergangenen Jahrzehnte. Dylann Roof, Sohn einer weißen Südstaatenfamilie, nahm im Juni 2015 an einer Bibelstunde der afroamerikanischen Kirche teil und las mit den Gemeindemitgliedern aus der Heiligen Schrift. Als sie die Hände zum Gebet falteten, stand der damals Einundzwanzigjährige auf und eröffnete das Feuer. Neun Menschen kamen ums Leben, unter ihnen der Pastor. Der Angriff war einer der schlimmsten Anschläge auf eine religiöse Einrichtung in Amerika – und nach den Waffengesetzen des Landes eigentlich unmöglich. Roof war drei Monate vor den Schüssen wegen Drogenbesitzes verhaftet worden. Polizisten hatten bei ihm das Medikament Suboxone gefunden, für das er kein Rezept vorlegen konnte. Der Kauf der halbautomatischen Pistole, mit der Roof später in Charleston um sich schoss, wäre ihm daher verwehrt worden – wenn die Polizisten seinen Namen innerhalb von drei Tagen mit einem Warnhinweis in der Datenbank Criminal Background Check System (NICS) versehen hätten. Wie der damalige Chef der amerikanischen Bundespolizei, James Comey, zugeben musste, war den Behörden in der Causa Roof aber ein „Fehler“ unterlaufen. Da sich Roofs Überprüfung länger als drei Tage hinzog, konnte er legal eine Pistole kaufen. Seit Beginn der Corona-Pandemie wird der „Fehler“ zur Regel. Da die Zahl von Waffenkäufen in den vergangenen Monaten drastisch nach oben schnellte, hinkt das FBI bei der Überprüfung potentieller Schützen hinterher. Wie jetzt veröffentlichte Daten zeigen, wurden von März bis Juli etwa fünf Prozent aller vorgeschriebenen Background Checks nicht wie verlangt innerhalb von drei Tagen bearbeitet. Da das FBI zwischen März und Juli fast 5,9 Millionen Anfragen erreichten, fast doppelt so viele wie in den fünf Monaten des Vorjahres, gingen wegen des „Charleston-Schlupflochs“ möglicherweise bis zu 300.000 Waffen ohne Hintergrundprüfung des Schützen über den Ladentisch.

via faz: Das „Charleston-Schlupfloch“ : In Amerika werden mehr Waffen verkauft