Ein Reservist aus Franken nahm samt Uniform an der Corona-Demonstration in Berlin teil. In Chatgruppen ruft er zum Umsturz auf und äußert Gewaltfantasien. Recherchen von BR/NN zeigen: Trotz Geheimdienst-Überwachung konnte er Soldat werden. Am vergangenen Wochenende demonstrierten mehrere Zehntausend Menschen bei einer Großdemo gegen die Corona-Maßnahmen der Politik in Berlin. Bei den Teilnehmern handelte es sich laut Einschätzung von ARD-Reportern um ein breites politisches Spektrum an Demonstrierenden, darunter Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger und Rechtsextreme. Linke Gruppierungen riefen zum Gegenprotest auf. Vor dem Bundestag versuchten Rechtsextreme und Reichsbürger, das Reichstagsgebäude zu stürmen. Sie konnten dabei allerdings lediglich die ersten Stufen erklimmen und dennoch ein Symbolbild inszenieren.
Auftritt mit einer Bundeswehruniform. An der Demonstration nahm laut Nachforschungen des gemeinsamen Rechercheteams von BR und “Nürnberger Nachrichten” (NN) auch Ronny B. teil. Der 40-Jährige trat dabei in einer kompletten Bundeswehruniform auf – an der Brust das Tätigkeitsabzeichen eines Bundeswehr-Kraftfahrers, wie der BR aus Militärkreisen erfuhr. Augenzeugen gegenüber gab er an, er sei ein “Reservist”. In einer hitzigen Diskussion mit eingesetzten Polizeikräften drohte Ronny B. den Beamten, sie würden “zur Rechenschaft gezogen” werden und erklärte in Bezug auf die individuellen Dienstnummern der Berliner Polizisten: “Ich werde mir diese Dienstnummern definitiv zu Gemüte führen”. Geheimdienst hatte Ronny B. im Visier Für den deutschen Inlandsgeheimdienst ist Ronny B. kein Unbekannter. Schon in den 1990er-Jahren stufte der Verfassungsschutz den Reservisten als Sympathisant der rechtsextremen Szene ein. Das geht aus internen Unterlagen des Geheimdienstes hervor, die dem BR/NN-Rechercheteam vorliegen. Doch B. konnte laut eigenen Angaben in dem Jahr in die Bundeswehr eintreten, in dem ihn der Verfassungsschutz auf dem Schirm hatte.
Soldat mit Reichsfahne in Berlin Ronny B. nahm allerdings nicht nur an den beiden größeren Corona-Demonstrationen in Berlin teil. Schon zuvor sprach der 40-Jährige auf einer Corona-Kundgebung des bekannten Kochs Attila Hildmann, der sich selbst als “Ultra-Rechter” bezeichnet und erst vor Kurzem behauptete, jüdische Familien wollten die “deutsche Rasse auslöschen”. Auch an einem Autokorso der selbsternannten Corona-Gegner um Hildmann in Berlin war der Mittelfranke beteiligt. Dabei hisste er eine schwarz-weiß-rote Reichsfahne aus dem Auto und brüllte den Passanten entgegen: “Freiheit für uns Freiheit für alle – Raus aus dieser BRD”. Das zeigen Videoaufnahmen, die dem Rechercheteam vorliegen. B. verbreitet antisemitische Weltverschwörung Wie auch Hildmann, den der Soldat als “Kamerad Attila” bezeichnet, betreibt Ronny B. einen eigenen Telegram-Channel, mit dem er zeitweise rund 2.000 Nutzer erreicht. Beim Messenger-Dienst Telegram fühlen sich vor allem rechte Aktivisten besonders wohl, da strafbare Inhalte dort nicht verfolgt werden. Dort behauptet er unter anderem, dass die amtierende Regierung unter Angela Merkel von den jüdischen Familien “Rothschilds, von Sorros” gesteuert sei. Felix Balandat von der “Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus” (RIAS) stuft diese Aussage dem BR/NN-Rechercheteam gegenüber als klar antisemitisch ein.

via br: Angebliche Umsturzpläne: Fränkischer Reservist auf Corona-Demos