#Rassismus in der #Polizei: Good Cop, bad Cop

Horst Seehofer hat eine Studie zu Rassismus in der Polizei abgesagt. Doch die Datenlage ist dünn. Selbst unter den Beamten wächst die Einsicht, dass sich das ändern muss. Mehmet Daimagüler muss, angesprochen auf seine Erfahrungen mit Racial Profiling, nicht lange überlegen: “Als ich noch keine Robe trug, wurde ich oft von Polizisten geduzt”, sagt der Anwalt, der als Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess und Polizeiausbilder bekannt wurde. “Wenn ich die Beamten fragte, ob und woher wir uns kennen, reagierten sie verärgert.” Dann sei er plötzlich der aggressive Migrant gewesen. “Wenn wir früher als migrantische Jugendliche Ärger mit deutschen Jugendlichen hatten und die Polizei kam, waren wir grundsätzlich die Schuldigen”, sagt Daimagüler. Die deutsche Polizei sei seiner Erfahrung nach Freund und Helfer gewesen – und zwar der Deutschen. “Die wollten gar nicht unser Vertrauen, das brauchten die auch gar nicht, denen reichte unser Gehorsam”, erzählt Daimagüler weiter. Als er im Zug einmal einen Beamten gefragt habe, warum er als Einziger kontrolliert werde, habe dieser geantwortet: “Zufallsgenerator.”
Erzählungen wie diese offenbaren, wie bitter nötig eine unabhängige Untersuchung zu Rassismus in der deutschen Polizei wäre – und wie groß der Irrtum des Bundesinnenministers ist. Am Wochenende war bekannt geworden, dass Horst Seehofer einer Studie zum Thema, auf die viele große Hoffnungen gesetzt hatten, eine Absage erteilt. Racial Profiling – also Polizeikontrollen, die anlasslos aufgrund äußerer Merkmale durchgeführt werden –, sei ohnehin verboten, lautete seine Begründung. Deswegen brauche es auch keine Untersuchung. Diese Argumentation sorgte naturgemäß für Spott. Der Vorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, etwa twitterte: “Wer so argumentiert, der muss als Nächstes Blitzer, Steuerfahndung und den TÜV abschaffen. Merkste selber, oder Horst?” An anderer Stelle wurde Seehofer in seiner Argumentation mit US-Präsident Donald Trump verglichen, der kürzlich sinngemäß sagte: “Wenn wir weniger testen, gibt es weniger Corona-Fälle.” Sogar aus den Reihen der Polizei wurde Seehofer kritisiert. Sebastian Fiedler, der Vorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamter, sagte im Deutschlandfunk: “Ich finde die Begründung, die ich gehört habe, einigermaßen peinlich, weil sie natürlich nicht schlüssig ist.” Man müsse jetzt Vertrauen schaffen und Wissenschaftlern deswegen ermöglichen, eine Untersuchung zu machen.

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