Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Manifeste von Rechtsterroristen: Sie haben sehr häufig ein Problem mit Frauen – und Angst vor dem “großen Austausch”. “Ein Leben lang hatte ich keine Frau/Freundin”, schreibt der mutmaßliche Attentäter von Hanau in seinem Manifest. Sätze wie diesen überliest man leicht, wenn man ein 24 Seiten langes Pamphlet voller Hass auf Muslime und auf “Völker, die komplett vernichtet werden müssen”, vor sich hat. Und selbst ein ganzer, sexistischer Abschnitt zum “Thema Frau” wirkt harmlos gegen die rassistischen Vernichtungsfantasien drumherum. Doch er ist wichtig, sogar zentral, denn er sagt uns etwas über das Weltbild des mutmaßlichen Attentäters, das keinesfalls das eines verwirrten Einzeltäters ist. Die Frauenlosigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Biografien und Manifeste von rechtsterroristischen Amokläufern, wir finden sie bei Anders Breivik (Utøya), Brenton Tarrant (Christchurch), Stephan Balliet (Halle) und jetzt bei Tobias R. aus Hanau, um nur die wichtigsten zu nennen. Das ist nicht zufällig so, sondern das Resultat einer Radikalisierung: Im Internet vernetzen sich rechte und maskulinistische Szenen, man kennt vor allem Incels (Involuntary Celibates, also: unfreiwillig Enthaltsame), und tauschen ihre verschwörungstheoretischen Ideologien aus. In der sogenannten Mannosphäre, das sind misogyne Foren für Männer im Netz, schaukeln sie ihren Hass gegen Frauen und gegen Nichtweiße immer weiter auf. (…) Natürlich ist schwer zu sagen, ob Tobias R. oder Balliet zuerst frauenlos waren und dann rechtsradikal wurden oder umgekehrt oder beides gleichzeitig. Oder ob sie echte Incels waren und auch den Rest von deren Ideologie teilten. Es spielt aber auch keine entscheidende Rolle. Aus den ideologischen Überlappungen von Rechten und Incels ist jedenfalls eine Verschwörungstheorie entstanden, auf die wir immer wieder stoßen: die vom angeblichen Großen Austausch. Diese Idee findet sich bei allen Rechtsterroristen, von Breivik bis Tobias R., explizit oder implizit. “Der Feminismus ist schuld daran, dass die Geburtenraten im Westen sinken, was die Ursache für Massenmigration ist”, sagt Stephan Balliet in schlechtem Englisch in die Kamera, die live aufzeichnet, wie er versucht, in einer Synagoge in Halle ein Massaker anzurichten. Ausländer wiederum seien schuld daran, dass Männer wie er keine Frauen abbekämen, so wird er später bei seiner Vernehmung erklären. Er habe noch nie eine Freundin gehabt und sei ein unzufriedener weißer Mann. Dahinter steht folgende Idee: Durch den Feminismus können Frauen heute selbst entscheiden, mit wem sie zusammen sein und wie sie ihr Leben führen wollen. Sie entscheiden sich aus Sicht der Attentäter aber falsch, nämlich für die Karriere und gegen Kinder und außerdem nicht für sie, die “weißen” Jungs. Dadurch sinken die Geburtenraten des “weißen Volks”, während “Nichtweiße” viel Nachwuchs hätten, so die krude These.

via zeit: Hass gegen Frauen: Rechtsextrem und Sexist

siehe auch: Anschlag in Hanau:Was hinter dem Frauenhass rechter Attentäter steckt. Der mutmaßliche Täter von Hanau offenbart in seinem Pamphlet ein gestörtes Verhältnis zu Frauen. Das ist bei rechten Terroristen ein gängiges Motiv. In dem Konvolut, das der mutmaßliche Zehnfachmörder Tobias R. hinterlassen hat, begründet er detailliert seine Vernichtungsfantasien zu Migrantengruppen in Deutschland und zur Bevölkerung von asiatischen, arabischen und afrikanischen Ländern. Dann kommt ein Abschnitt mit der Überschrift “Frauen”. Vergleicht man die Selbsterklärungen, die zu den großen rechtsextremistischen Mordtaten in Hanau und Halle, aber auch im vergangenen Jahr in Christchurch, El Paso oder Dayton abgegeben wurden, und vergleicht man das Verhalten der Urheber vor ihren Gewaltausbrüchen, so fallen einige Gemeinsamkeiten auf. Eine ist ein Blick auf Frauen, der sich als extreme Anspruchshaltung beschreiben lässt. Tobias R. schildert, wie “Freude- und leistungshemmend” es für ihn gewesen sei, als Jugendlicher “keinerlei feste Freundin” gehabt zu haben. “Weniger gut aussehende Frauen” habe er sich nicht “nehmen” wollen. Verhältnisse zu solchen, die seine “hohen Ansprüche” erfüllten, seien von einer “Geheimorganisation” verhindert worden, die in seiner psychischen Krankheit offenbar eine große Rolle spielte. Es ergibt sich das Bild eines Mannes, der Frauen als bewertbare Verfügungsmasse sieht und sich zugleich sehr abhängig fühlt von ihrer Anerkennung. Ein gestörtes Verhältnis zu Frauen zeigte auch der Amerikaner, der in Dayton zehn Menschen, darunter seine Schwester, erschoss. Er führte als Jugendlicher eine Liste von Mitschülerinnen, die er zu vergewaltigen wünschte. Der Mann, der seinen versuchten Anschlag auf die Synagoge in Halle und den anschließenden Mord an zwei Menschen filmte, beginnt sein Video so: “Ich glaube nicht an den Holocaust, und Feminismus ist der Grund für die sinkende Geburtenrate in Europa.” Damit bezieht er sich auf eine Art Katechismus der radikalen Rechten, den auch der 50-fache, geständige Mörder von Christchurch angeführt hat: “Es ist die Geburtenrate. Es ist die Geburtenrate. Es ist die Geburtenrate.” Der Mann, der in einem Einkaufszentrum in El Paso 22 Menschen erschoss, verwies ebenfalls auf Demografie.