Überraschung? Mitnichten. Ein einflussreicher CDU-Stratege in Thüringen hat schon vorher einen Plan zur Wahl eines Ministerpräsidenten von AfD-Gnaden skizziert. War die Wahl von Thomas Kemmerich geplant? Für die einen in der CDU Thüringen war es eine konkrete Option, für die anderen eine reale Gefahr. Einer der wichtigen Spindoktoren der Partei und enger Vertrauter von Mike Mohring hat Tage vorher schon beschrieben, wie ein FDP-Kandidat für das Ministerpräsidentenamt auch mit den Stimmen von AfD und CDU ins Amt kommen kann. Und diese Variante als ausdrücklich ungefährlich bezeichnet. Der Mann heißt Karl-Eckard Hahn, er ist sein Januar Leiter des wissenschaftlichen Dienstes der CDU-Landtagsfraktion. Am vergangenen Sonntag, drei Tage vor der Ministerpräsidenten-Wahl, erschien im Debattenportal “The European” ein Text von ihm, gekennzeichnet als “ausschließlich persönliche Auffassung”. (…) Er kritisierte Versuche – namentlich der Linke-Landesvorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow -, “die Zustimmung der AfD zum Kandidaten einer bürgerlichen Partei der Mitte zu skandalisieren”. (…) Hahn ist in der thüringischen CDU seit Jahrzehnten eine Größe. Anfang der 90er Jahre kam er aus Hessen nach Thüringen, arbeitete viele Jahre für Christine Lieberknecht, als die Europaministerin und Landtagspräsidentin war. 2013 wurde der West-Import aus den 90ern von Ministerpräsidentin Lieberknecht zum Regierungssprecher ernannt. “Die Zeit” veröffentlichte damals einen Text über den “problematischen Lebenslauf” von Hahn, schrieb über dessen publizistische Aktivitäten “weit im nationalen Lager”. Die Wochenzeitung zitiert Hahn mit den Worten: “Ich lasse mir gedanklich nicht gerne Fesseln anlegen. Die Distanzierungsmasche, das ständige Verlangen nach Distanzierung, halte ich für eine intellektuelle Zumutung.” (…) Der Aufsatz Hahns drei Tage vor der Wahl ist ein weiterer Hinweis darauf: Die Wahl von Kemmerich zum Ministerpräsidenten von AfD-Gnaden war nicht bloß Zufall. Die bisherigen Regierungsparteien Linke, SPD und Grüne vermuten ein abgekartetes Spiel. Ramelow selbst geht inzwischen davon aus, das “Gift in Thüringen”, wie er formuliert, sei “systematisch vorbereitet” worden.

via tagesspiegel: Setzte die CDU auf AfD-Stimmen? Der eingefädelte Tabubruch von Erfurt