Am 6. Mai 2023 ist in der «Verti Music Hall» in Berlin, unweit der Warschauer Straße, einiges los. Breitschultrige, stark tätowierte Männer schlendern, in der Hand meist ein Bier, zwischen dem Veranstaltungsraum, dem Balkon und den Verkaufsständen hin und her. Auf dem Balkon der Event-Location wird geraucht und geredet, während auf dem Herren-WC immer wieder kleine Gruppen gemeinsam in den Kabinen verschwinden, um offenbar Kokain zu konsumieren. Der Anlass: eine Box-Gala, auf der u.a. eines der Aushängeschilder der Berliner Box-Szene in den Ring steigt. Als einer der Kämpfer, ein tätowierter Schwergewichtsboxer, ausgerufen wird, hallt es durch den Raum: „Dynamo! Dynamo!“. Sobald dieser den Saal betritt, stehen bis zu 100 Personen von ihren Plätzen auf. Schnell wird klar, dass hier jemand Besonderes in den Ring steigt. Während des Kampfes ertönen aus dem Zuschauerbereich weitere Gesänge, die eigentlich wenig mit dem Boxsport zu tun haben: „Ein Schuss, ein Tor, Dynamo!“ und „Scheiß Union!“. Der Boxer, der hier angefeuert wird, heißt Philip Palm. Er ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der rechten Hooliganszene Berlins. Sein Anhang besteht zum größten Teil ebenfalls aus Anhängern dieses Milieus. Einer sticht aus dieser Gruppe heraus. Er motiviert den Mob zum Singen, als dieser etwa leiser wurde. Sein Name: Michael Reinhardt, zentrale Figur des Berliner «Kampf der Nibelungen»-Teams. Wie kaum ein anderer repräsentiert Reinhardt ein Milieu und Netzwerk, welches im Folgenden umfangreich skizziert wird. In diesem finden sich Personen aus der organisierten Neonazi-Szene genauso wieder, wie rechte Hooligans und Angehörige der sogenannten «Outlaw Motorcycle Clubs». Ausgehend vom «Kampf der Nibelungen»-Team in Berlin führt die Recherche über „Ackerkämpfe“ und die Geschäftswelt des BFC Dynamo, über den lokalen Stützpunkt der Neonazi-Partei «Der III. Weg» bis in die Treffpunkte und Clubhäuser des «Hells Angels MC». Und obwohl das vorliegende Netzwerk nur begrenzt im öffentlichen Raum wahrnehmbar ist, streckt es seine Fühler in die verschiedensten Geschäfts- und Lebensbereiche aus: in die verschiedenen Kampfsport- und Fitnesszentren, in das Bau-und Sicherheitsgewerbe, in die (alternative) Clubkultur und selbstredend in die großen Fußballclubs der Hauptstadt. Es steht in seinem Organisationsgrad anderen extrem rechten Netzwerken, wie etwa dem in Südbrandenburg, in nichts nach. Als sich Journalist*innen vor kurzem dem Zusammenhang im Raum Cottbus näherten, fiel in der Bewertung immer wieder der Begriff „toxisches Gebilde“. Ein Ausdruck, den der Inlandsgeheimdienst prägte und der zwar das dort vorherrschende Problem beschreiben mag, dem Ausmaß aber eigentlich nicht gerecht wird. Anhand der hier vorliegenden Erkenntnisse muss dieses „toxische Gebilde“ als Problem betrachtet werden, das sich über den gesamten Osten Deutschlands erstreckt. Denn das folgend dargestellte Netzwerk agiert gemeinsam, von Rostock über Berlin, Cottbus und Magdeburg, bis hin nach Leipzig. Die Beschreibung müsste eher „toxisches Gebilde Ostdeutschland“ lauten.

via exif recherche: DAS NETZWERK DES «KAMPF DER NIBELUNGEN» IN BERLIN – ZWISCHEN „TAG X“, ORGANISIERTER KRIMINALITÄT UND HOOLIGANISMUS

Verti Music Hall von außen
Von <a href=”//commons.wikimedia.org/w/index.php?title=User:Hauptstadtspotter&amp;action=edit&amp;redlink=1″ class=”new” title=”User:Hauptstadtspotter (page does not exist)”>Hauptstadtspotter</a> – <span class=”int-own-work” lang=”de”>Eigenes Werk</span>, CC BY-SA 4.0, Link