Es könnte das letzte Mal sein, dass ein KZ-Überlebender vor Gericht über NS-Gräueltaten berichtet: Chaim Golani, 92, wurde zur Arbeit im Krematorium des KZ Stutthof gezwungen – und sagt nun gegen dessen Chefsekretärin aus. Das Grauen lässt ihn nicht los. Chaim Golani sitzt vor seinem Computer in seiner Wohnung in Binjamina im Nordwesten Israels. (…) Das Landgericht Itzehoe vernimmt Golani am Dienstagvormittag via Video im Strafprozess gegen die frühere Chefsekretärin des KZ Stutthof, die heutige 97-jährige Irmgard Furchner. Seine Aussage wird durch einen Dolmetscher aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzt. Furchner arbeitete dem Lagerkommandanten Paul Werner Hoppe zu und muss sich seit einem Jahr wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Massenmord verantworten. 11.380 Fälle sind angeklagt. Es könnte das letzte Mal sein, dass ein Überlebender der nationalsozialistischen Judenvernichtung vor einem deutschen Gericht als Zeuge aussagt. WELT hatte im April dieses Jahres berichtet, dass bundesweit zu diesem Zeitpunkt gegen fünf Wachleute der Konzentrationslager Buchenwald, Neuengamme, Sachsenhausen und Ravensbrück ermittelt wurde. Die Ermittlungen dauern weiter an. Bislang gibt es aber keine weitere Anklageerhebung und folglich auch keinen weiteren Prozess. (…) Von diesen Schlägen erzählt Golani am Dienstag immer wieder. „Egal ob wir gehorchten, wir wurden immer verprügelt“, sagt er. Schon in den ersten Tagen seien viele Menschen durch die Schläge gestorben. Jede Baracke sei voll mit Pritschen gewesen. Drei Etagen übereinander, so erinnert sich Golani. „Wir lagen auf dem Holz“, sagt er. „Wir hatten gar nichts. Nur das Holz war da.“ Zu essen habe es nur Wasser und Brot gegeben. Von den SS-Leuten seien die Häftlinge nie mit dem Namen angesprochen worden. „Wir wurden die ganze Zeit nur ,Schweine‘ genannt. Oder ,verfluchte Juden‘.“ Anzeige Nach einer Woche im Lager wurde der Jugendliche zur Arbeit im Krematorium gezwungen. Golani erinnert sich, wie er die Schuhe der Toten ausziehen und sortieren und die Leichen nach Wertsachen durchsuchen musste. Alles unter den Augen der SS-Männer.
via welt: Er musste Leichen ausziehen und nach Wertsachen durchsuchen, während die SS zusah