Wenn es um Ungeimpfte geht, ist schnell die Rede von Esoterikern und Querdenkern. Aber auch Menschen aus sozial benachteiligten Schichten sind oft nicht geimpft. Die Infektionszahlen sind bei ihnen hoch, auch die Todesrate. Warum ist das so? (…) So sind die Impfquoten bei Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen aus sozial benachteiligten Gruppen niedriger als beim Bevölkerungsdurchschnitt. Deutlich höher wiederum sind bei ihnen die Infektionszahlen und die Todesfälle im Verlauf der Pandemie. Der Grund: Ihnen fehle die sogenannte Gesundheitskompetenz, sagen Gesellschaftswissenschaftler und Sozialarbeiter, und damit die Möglichkeit, sich rund um Gesundheit zu informieren und sich dann auch um das eigene Wohlergehen zu kümmern. (…) Das liege zum einen an den schwierigen schulischen Biographien der Menschen, so die Sozialpädagogin. Zum anderen seien ihnen nie Strategien vermittelt worden, sich mit solchen Bildungsthemen auseinander zu setzen. “Die gehen nicht an den Computer und googeln Krankheitshintergründe, sondern sie erleben diese Krankheit, aber reflektieren sie nicht.” Somit wissen die Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen auch weniger über Corona, die Folgen und mögliche Schutzmaßnahmen. Gleiches gilt für das Impfen. Viele hätten Angst und könnten die Informationen zur Corona-Impfung nicht einordnen. Menschen, die in einer benachteiligten Lebenssituation sind, fühlten sich auch viel schneller bedroht als Menschen, die in gesicherten Verhältnissen leben, sagt Lichtblick-Leiterin Johanna Hofmeir. Die Angst einen Schaden zu nehmen, sei sehr groß. Hinzu kämen die organisatorischen Hürden: Das Online-Anmelden in den Impfzentren sei für diese Familien eine Riesenhürde. (…) Viele Deutsche besitzen nur geringe Gesundheitskompetenz Eine bundesweite Studie bestätigt: Bildungsniveau, Migrationshintergrund und Sozialstatus spielen bei der Gesundheitskompetenz eine entscheidende Rolle. Das Deutsche Ärzteblatt hat die “Health Literacy Survey Germany 2-Studie” veröffentlicht. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Deutschen – knapp 59 Prozent – verfügt über eine geringe Gesundheitskompetenz.
via br: Wieso sozial benachteiligte Menschen häufig ungeimpft sind
siehe dazu auch: Gesundheitskompetenz in Deutschland – Ergebnisse einer repräsentativen Folgebefragung. (…) 58,8 % der Befragten verfügen über eine geringe Gesundheitskompetenz: Sie schätzen den Umgang mit mindestens einem Drittel der vorgelegten Fragen als „schwierig“ oder „sehr schwierig“ ein. Ein großer Anteil der Befragten sieht sich beim Finden (48,3 %), Verstehen (47,7 %) und Anwenden (53,5 %) von Informationen vor Schwierigkeiten gestellt und weist hier eine geringe Gesundheitskompetenz auf. Bei der Beurteilung von Informationen ist der Anteil mit 74,7 % besonders hoch. Die Korrelationskoeffizienten zeigen, dass zwischen den untersuchten Variablen Alter, Geschlecht, Sozialstatus, literale Fähigkeiten, Bildungsniveau, finanzielle Deprivation, Migrationshintergrund und eine oder mehrere chronische Erkrankungen und der Gesundheitskompetenz Beziehungen bestehen, sie aber schwach ausgeprägt sind.
By <a rel=”nofollow” class=”external text” href=”https://www.flickr.com/people/115225894@N07″>Tim Reckmann</a> from Hamm, Deutschland – <a rel=”nofollow” class=”external text” href=”https://www.flickr.com/photos/foto_db/50745283167/”>Impfen</a>, CC BY 2.0, Link