Von der Grenze geteilt: Das ehemalige KZ Ellrich-Juliushütte

Direkt am Bahnhof der Kleinstadt Ellrich wird im Mai 1944 ein KZ eingerichtet. Mehr als 8.000 Häftlinge schuften für aberwitzige Bauprojekte der SS im Südharz. Wer dorthin kommt, hat eine Überlebenszeit von vier bis sechs Wochen. Wie wird heute an das Lager und die Schicksale erinnert? (…) Die Häftlinge bauen zum Beispiel nur mit Schaufel und Hacke die Helmetalbahn, eine Ausweichmöglichkeit für die Verbindung Nordhausen – Northeim. Die Bahnstrecke war wichtig für die Transporte zum Konzentrationslager Mittelbau-Dora und den Abtransport der dort montierten Waffen. Ellrich im heutigen Kreis Nordhausen ist 1944 eine durchschnittliche Kleinstadt. Etwa 4.700 Einwohner leben am Rand des Harzes. Für den Bau von weiteren Untertagefabriken zur Waffenproduktion und für Infrastrukturprojekte werden Arbeitskräfte gebraucht. Deshalb richtet die SS in den Ruinen einer alten Gipsfabrik am Bahnhof von Ellrich ein Konzentrationslager ein. Jeder, der 1944/45 am Bahnhof in Ellrich ankommt, schaut auf das mit Stacheldraht gesicherte Lagertor. Die Zustände sind schlimm. Bereits im September 1944 sind mehr als 8.200 Häftlinge auf dem ehemaligen Fabrikgelände eingepfercht, doppelt so viele Menschen wie die Stadt Ellrich Einwohner hat. Das Sterben ist gewollt
Die hygienischen Bedingungen sind unvorstellbar. Sechs Wasserhähne gibt es, eine Dusche für Tausende Menschen. Die Häftlinge müssen ihre Kleidung abwechselnd tragen, weil der Nachschub fehlt. Vier teilen sich einen Essensnapf. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1944 schreibt Emile Delaunois in sein Tagebuch: “Niemand kann sich einen ähnlichen Abgrund von Hilflosigkeit vorstellen, einen ähnlichen Schrecken. Wenn man seine Kameraden hier ankommen sah, vollkommen gesund und voller Hoffnung dem Erschießungspfahl oder dem Galgen entgangen zu sein … und dann, nach einigen Monaten siechen sie dahin. Sie gehen nur noch gebeugt, sind blass und magern furchtbar ab. Unumkehrbar wird einem nach den anderen der Tod auf die Stirn gebrannt.” Die Sterberate im Lager Ellrich liegt sogar noch über der vom KZ Mittelbau-Dora. Arbeitsunfähige werden “zur Schonung” aussortiert. Die “Schonung” besteht aus der Halbierung der ohnehin kaum ausreichenden Essensration, der Isolation und dem Entzug der Bekleidung.

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KZ Aussenlager Ellrich Juliushütte Gedenkstein Krematorium.jpg
Von Foto: Axel Hindemith, CC BY-SA 3.0, Link