Schwerpunkt Rechtsterrorismus: Der Journalist und Filmemacher Dirk Laabs recherchierte zwei Jahre lang zu Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden. Entstanden ist das Buch „Staatsfeinde in Uniform: Wie militante Rechte unsere Institutionen unterwandern“, das diese Woche erschienen ist. Ein Gespräch über bewaffnete Preppernetzwerke, die Skandale um das Kommando Spezialkräfte (KSK), die Mitschuld des Militärischen Abschirmdienst (MAD) – und dessen Bedeutung für die Mordserie des NSU. Belltower.News: Preppernetzwerke mit Feindeslisten, grassierende Umsturzfantasien, Vorbereitungen auf einen „Tag X“, massenhaft vermisste Munition und Waffen – ist die Bundeswehr mittlerweile die gefährlichste rechtsextreme Organisation der Bundesrepublik? Dirk Laabs: Nein, das ist sie sicherlich nicht. Es gibt aber schon eine rechtsextreme Minderheit, die sich immer weiter radikalisiert hat, die für den Krieg ausgebildet wurde, die sich professionalisiert hat – und die man zu lange hat machen lassen. Es gibt also nun eine gewaltbereite Szene, die jederzeit in der Lage ist, Terroranschläge zu begehen. Das ist ein großes Problem. Im Vergleich zu online-radikalisierten Rechtsterroristen wie dem Halle-Attentäter, der nur dank seiner eigenen Inkompetenz und mangelhaften selbstgebastelten Waffen nicht mehr Menschen ermorden konnte, sind diese Soldaten bestens trainiert und ausgerüstet… Ganz genau. Auch die islamistischen Attentäter des „IS“ oder „Al-Qaida“ waren größtenteils Amateure, auch wenn sie viele Menschen töten konnten. Wenn sich jetzt ausgebildete Elitesoldaten radikalisieren, ist das natürlich ein ganz anderes Level an Bedrohung. Alleine schon wegen ihrer Schießfertigkeit. Rechtsextreme Prepper warten auf die große Katastrophe, auf den Zusammenbruch des Staates. Situationen also, die vor ein paar Jahren vollkommen unvorstellbar waren. Mit Ausbruch der Covid-19-Pandemie ist die große Katastrophe aber nun eingetreten, wir befinden uns in einer Notstandssituation. Wie nutzen diese Netzwerke das aus?
Die Gefahr spielt ihnen in die Karten. Vor der Pandemie habe ich mich mit Menschen aus diesem Milieu getroffen, die betonten, dass man immer vorbereitet sein müsse, dass zum Beispiel ein Virus kommen könnte. Ich habe sie damals für Spinner gehalten. Ein Jahr später konnte man zeitweise nicht mehr nach Mecklenburg-Vorpommern fahren, ohne an einer Polizeisperren vorbei zu müssen. Die Ironie ist mir nicht entgangen. Es ist für die Szene also leichter geworden, Leute zu rekrutieren, weil man jetzt vermeintlich beweisen kann, dass man recht hatte, dass die Katastrophe nun tatsächlich gekommen ist. Hier lohnt es sich besonders in die USA zu schauen: Dort zapfte die rechtsextreme Szene gerade völlig neue, eher bürgerliche Gruppen an. So entsteht eine breitere, heterogenere Bewegung, die noch schwerer zu durchschauen ist. Aktuell entsteht auch in Deutschland eine neue Art von Bewegung, die nicht dem klassischen Muster von rechtsextremen Netzwerken und Gruppen entspricht. Dazu gehören KSK-Soldaten, die mit bürgerlichen Verschwörungsgläubigen einen Umsturz geplant haben.

via belltower: „SELBSTERMÄCHTIGUNG IST IN DER DNA DES KSK“