Vier AfD-Abgeordnete haben sich mit Corona infiziert. Ändern will die Fraktion an ihrem Kurs nichts. Doch das Thema könnte die AfD in die Bredouille bringen. Er war eine offensichtliche Provokation: der „Mund-Nasen-Schutz“ des AfD-Abgeordneten Thomas Seitz. Aus knallorangenem Netzstoff gefertigt war das Textil und augenscheinlich nicht dazu gedacht, die Verbreitung von Tröpfchen zu vermeiden. Seitz trug es im November im Plenum. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth untersagte Seitz, mit der Netzmaske nach seiner Rede zu seinem Platz zurückzukehren. Sie reichte ihm eine frische Mund-Nase-Bedeckung. Seitz murrte, das sei ein „Maulkorb“. Nun ist Seitz, an Corona erkrankt, ins Krankenhaus eingeliefert worden. Wie es aus seinem Büro heißt, befindet er sich bereits auf dem Weg der Besserung. Drei andere Mitglieder der AfD-Fraktion haben sich ebenfalls infiziert. Es ist nicht bekannt, wo sie sich angesteckt haben. Doch die Nachricht von den Corona-Infektionen rückte die knallorangene Netzmaske von Seitz wieder in den Fokus. Und mit ihr die Frage: Wie geht eine Fraktion, die viele der Corona-Schutzmaßnahmen lehnt, damit um, wenn einige ihrer Politiker selbst an Corona erkranken? Der Fraktionssprecher bestätigt zwar, dass sich in jüngster Zeit vier Bundestagsabgeordnete infiziert haben. Darunter auch Stefan Keuter, der vergangene Woche noch stundenlang im Amri-Untersuchungsausschuss saß, weil er zuvor – wie es hieß – ein negatives Schnelltestergebnis bekommen hatte. Insgesamt gab es nun fünf Corona-Fälle bei der AfD im Bundestag. Den Vorwurf einer „Superspreader-Fraktion“ weist der Sprecher zurück. Schließlich habe es auch bei anderen Fraktionen Corona-Fälle gegeben. Insgesamt zählte die Bundestagsverwaltung unter den Parlamentariern seit Ausbruch der Pandemie 23 Corona-Fälle. „Natürlich kann man daran erkranken und auch sterben“ Trotzdem ist die AfD die einzige Fraktion, die so vehement gegen die Corona-Maßnahmen mobil macht. Sie hatte gegen die Maskenpflicht im Bundestag geklagt. Vertreter der AfD sprachen im Bundestag von einer „Corona-Diktatur“, bezeichneten das neue Infektionsschutzgesetz als „Ermächtigungsgesetz“. Eine Wortwahl, die auch Parteichef Jörg Meuthen scharf kritisiert hatte. AfD-Abgeordnete suchten auch den Schulterschluss mit der radikalisierten Querdenker-Bewegung. (…) Doch gerade wenn Mitglieder der eigenen Partei schwer an Corona erkranken, ist das für die AfD schwierig. Das Magazin „Cicero“ berichtete sogar, dass wohl in der Stadt Böhlen im Kreis Leipzig ein AfD-Stadtrat an Corona gestorben sei. Dieser habe zuvor auf der Straße gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Jetzt schweige die AfD zu seinem Tod. Die AfD, so konstatiert das Magazin, müsse sich insbesondere auch in Sachsen fragen lassen, wie es ihr Fraktions- und Parteichef Jörg Urban verantworten könne, bei Demonstrationen der „Querdenker“ ohne Maske mitzumarschieren und damit die Botschaft zu verbreiten, dass die Sicherheitsmaßnahmen überflüssig seien. In Sachsen sind die Infiziertenzahlen bekanntermaßen besonders hoch.

via tagesspiegel: Wenn die Maske als „Maulkorb“ gilt Wie geht die AfD mit ihren eigenen Corona-Fällen um?