Horst Seehofer verhindert eine Untersuchung von Rassismus und Rechtsextremismus in der Polizei. Er begründet das damit, dass „über 99 Prozent“ der Polizist:innen verfassungstreu seien. Belegen kann er das nicht – denn es gibt ja keine Studien. Ein Kommentar. Die SPD verkauft die vereinbarten Wischi-Waschi-Studien zur Polizei als Erfolg. Dabei hat sie sich vom Innenminister über den Tisch ziehen lassen. Denn sie hat nicht nur neuen Befugnissen für die Geheimdienste zugestimmt, sondern auch der Tatsache, dass es keine explizite Studie zu Rassismus und rechtsextremistischen Haltungen in der Polizei geben wird. Stattdessen kommt eine Studie, in der das Verhältnis von Polizei und Gesellschaft untersucht wird. Schon heute kündigt der Innenminister an, dass es dabei auch um Hass und Gewalt gegen die Polizei gehen soll. Womit er die Polizei schon im Vorfeld in die allseits beliebte Opferrolle steckt. Als zusätzliche Blendgranate zündet Seehofer die Verkündung einer allgemeinen Studie zu Rassismus in der Gesellschaft. Diese Studien gibt es allerdings schon lange: etwa die Heitmeyer-Studie zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit oder die Mitte-Studie. Diese Studien kommen für die Gesamtgesellschaft in den letzten 20 Jahren zum Schluss, dass zwischen einem Zwölftel bis Viertel der Bevölkerung in Deutschland rassistische oder fremdenfeindliche Ansichten haben.
Polizei ist kein Querschnitt der Bevölkerung. Nun ist die Polizei nicht der Querschnitt der Bevölkerung und es ist leider davon auszugehen, dass in ihr qua der Natur und Struktur der Sicherheitsbehörden mehr Personen mit einem autoritären (und damit oftmals rassistischen oder rechtsradikalen) Weltbild finden als im Rest der Gesellschaft. Darauf deuten auch Wahlentscheidungen von Polizist:innen aus Österreich (1, 2), Frankreich und Griechenland (PDF) hin, die immer signifikant mehr rechtsradikale Parteien wählten als die Gesamtgesellschaft. Seehofer will offenbar mit allen Mitteln vermeiden, dass am Ende rauskommen könnte: Wir haben ein empirisch belegtes Polizeiproblem. Dass herauskommen könnte: Wir haben bei der Polizei mehr Rassismus als bei den Lehrern, Bäckern oder Facharbeitern. Deswegen diskreditiert der Innenminister jedes Untersuchungsdesign, das Fragen zu Rassismus stellt, einfach als „Unterstellungen und Vorwürfe“. Seehofer hantiert mit Zahlen ohne Belege Für Seehofer stehen „über 99 Prozent“ der Polizistinnen und Polizisten auf dem Boden des Grundgesetzes. Woher diese Zahl stammt, die übrigens immer noch die Existenz tausender bewaffneter Verfassungsfeinde im Staatsapparat zulassen würde, lässt sich nicht rekonstruieren. Eine Studie zur Verfassungstreue unter Polizist:innen existiert nämlich nicht.

via netzpolitik: Rassismus-Studie bei der Polizei – Nichts als Blendgranaten

siehe auch: BDK-Chef Fiedler äußert Bedenken zu Seehofer-Vorschlägen für Rassismus-Studie. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Fiedler, hat grundlegende Bedenken an einer Studie zu Rassismus in der Polizei nach den Vorstellungen von Bundesinnenminister Seehofer geäußert. Eigentlich müsse es so sein, dass Seehofer eine Problembeschreibung abliefere und die Wissenschaftler sagten, wie sie das gerne untersuchen wollten, erklärte Fiedler im ZDF. Derzeit sei das aber eher umgekehrt. Seehofer gebe schon sehr präzise den Rahmen vor. Außerdem betonte Fiedler, das Ziel der Studie müsse es letztlich sein, die Polizei zu stärken.