Das Internationale Auschwitz Komitee wirft den demokratischen Parteien im Landtag vonThüringen Opportunismus und politische Blindheit vor. In der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus hätten sie völlig versagt, teilte die Organisation in Berlin mit. Gestern war der FDP-Politiker Kemmerich mit den Stimmen der kompletten AfD-Fraktion überraschend zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Wenn der FDP-Bundesvorsitzende Lindner von den machttaktischen Überlegungen Kemmerichs gewusst und diese gebilligt habe, müsse er als Vorsitzender einer liberalen Partei zurücktreten, führt der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Heubner, aus. Sollte Lindner an diesen Überlegungen nicht beteiligt gewesen sein, müsse er Kemmerich wegen parteischädigenden Verhaltens aus der FDP ausschließen. Die Flanke der FDP nach weit rechts sei wieder sehr weit offen. „Die FDP habe das riesengroße Problem Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückzugewinnen.“ An diesem Tag eins nach dem Thüringer Debakel erinnere man sich sehr wohl daran, welche Nazi-Granden in der jungen Bundesrepublik gerade in der FDP ihre politische Heimat gefunden hätten.
Zentralrat der Juden äußerte sich entsetzt Zuvor hatte sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, entsetzt über die Wahl Kemmerichs mit Stimmen der AfD geäußert. Damit verlasse die FDP den Konsens der demokratischen Parteien, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten oder auf die Unterstützung der Rechtspopulisten zu zählen, sagte er der „Jüdischen Allgemeinen“. Seine Vorgängerin Knobloch schrieb auf Twitter von einem „Tabubruch ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte unseres Landes“. Einen Ministerpräsidenten, der nur mit Stimmen von Rechtsradikalen ins Amt gelange, dürfe es in einer Demokratie nicht geben. Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Knigge, wertete die Ereignisse als Einschnitt in die Geschichte der Bundesrepublik. Er habe Parallelen zur Weimarer Republik lange von sich gewiesen, sagte der Historiker im Deutschlandfunk Kultur: „Aber heute hat mich dieser Gedanke auch intensiv angeflogen“. Die Paralle sei, dass eine bürgerliche Partei zum „Steigbügelhalter der autoritären Rechten wird.“ Auch der Professor für jüdische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Michael Brenner, sieht Parallelen zu Weimar. Der Süddeutschen Zeitung sagte er, die zunehmende Unregierbarkeit durch die gegenseitige Blockierung der Parteien „erinnert verdächtig an Weimarer Verhältnisse. Und Erfurt liegt nicht weit von Weimar!“

via deutschlandfunk: Auschwitz Komitee wirft Parteien in Thüringen völliges Versagen im Kampf gegen Rechtsextremismus vor