Das heilige Traumschloss des Maximilian Krah

Der AfD-Spitzenkandidat begründet seine Politik auch spirituell. Er nutzt eine rechtskatholische Gemeinschaft, die sich sogar um Verbote des Papstes kaum schert. Sonntags um halb elf kniet die katholische Gegenrevolution im Wedding. Dann ist die Berliner Kirche St. Afra voll bis in die Seitenschiffe, während andernorts die Gotteshäuser leer sind und die Stimmung trübe. Überhaupt ist manches anders im Institut St. Philipp Neri, wie sich die Priestergemeinschaft nennt, zu der die Stiftskirche St. Afra gehört. Hier beugt das Knie, wer seinen Platz sucht in der Bank. Hier tragen Frauen Kopftuch. Hier sind viele konservativ, katholisch und wollen Avantgarde sein, und zur Avantgarde gehört, wer die Alte Messe feiert. Die Predigt ist auf Deutsch, die restlichen fast anderthalb Stunden wird hier im Berliner Wedding Latein gesprochen und gesungen. (…) Einer der größten Fans des alten Ritus: Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl am 9. Juni. Die Alte Messe sei “der künstlerische Ausdruck der abendländischen Geschichte”, simst Krah auf Nachfrage von ZEIT ONLINE. Anders dagegen die modernen Gottesdienste, die seien “künstlerisch wie theologisch wertlos”. Eine interessante Sicht auf Glauben und Ritus. Sie sagt etwas aus über diesen Spitzenkandidaten, wie über die Szene, der er sich zugehörig fühlt. Oft wird die übersehen, wenn es um den Erfolg der AfD geht. Dabei ist das rechtskatholische Milieu klein, aber einflussreich. (…) Auf Krahs religiöse Basis zu blicken, lohnt sich auch unabhängig von ihm. Denn einiges haben sich die Rechtspopulisten von den Rechtskatholiken abgeschaut: den Widerstand gegen Liberalismus und Individualismus, das Elitedenken, den Anspruch auf Wahrheit und Tradition. (…) Parallel zur politischen Karriere arbeitet Krah als Anwalt für die traditionalistische Piusbruderschaft. Die ist heute vor allem wegen Richard Williamson bekannt. 2009 leugnete der Piusbruder-Bischof in einem Interview fürs schwedische Fernsehen, aufgenommen in einem Priesterseminar bei Regensburg, den Holocaust – eine Straftat in Deutschland. Krah koordinierte die Verteidigung. Seitdem verbindet ihn mit den Traditionalisten die Liebe zur Alten Messe. Mit der CDU verbindet ihn heute nichts mehr. 2016 trat er aus und in die AfD ein. Sich selbst bezeichnet Krah als Christ. Nur versteht er offenbar etwas anderes unterm Christsein als die deutschen Bischöfe. Die verkündeten jüngst: Rechtspopulistische Parteien “können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein.” Da schäumt der Spitzenkandidat: “Ungläubig”, “bestenfalls postkatholisch”, “staatlich finanzierte Vorfeldorganisation des linken Mainstreams” – die Vehemenz, mit der Krah anderen den Glauben abspricht, zeigt: Rechte Christen werden rabiat, wenn das Establishment sie ghostet

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