Der Mainzer Kommunalpolitiker und Klimaschutzaktivist Maurice Conrad hält mit Kritik an der extremen Rechten im Netz nicht hinterm Berg. Dafür ist er schon mehrmals abgemahnt worden – wobei es den Anwälten nicht unbedingt darum geht, wer im Recht ist. Die erste Androhung einer Unterlassungsklage erreicht den Mainzer Kommunalpolitiker, Klimaschutzaktivisten und Informatikstudenten Maurice Conrad am 20. Februar dieses Jahres. Ein Rechtsanwalt mit Kanzlei in Potsdam hält ihm vor, die Persönlichkeitsrechte der vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuften Jungen Alternative für Deutschland (JA) verletzt zu haben. Mit der anwaltlichen Vertretung beauftragt habe ihn der stellvertretende Vorsitzende der JA, Sven Kachelmann. (…) Aber eine Klageandrohung mit Geldforderung und ex­trem kurzer Frist aufgrund einer Kommentierung von Presseberichten ist eine Reaktion, die er nicht erwartet hat. „Das hat mich schon erst einmal geschockt. Ich kann es mir nicht leisten, ständig auf 1000 Euro verklagt zu werden“, sagt er im Gespräch mit der F.A.Z. Doch in vielen Fällen ist das die beabsichtigte Reaktion auf Klageandrohungen. Es geht dabei längst nicht immer darum, einen Sachverhalt korrekt aufzuklären und eigene Rechte zu wahren. Vielmehr ist nicht selten das Ziel, Kritik im öffentlichen Diskurs, der sich wesentlich in den sogenannten sozialen Medien abspielt, möglichst zu verhindern. Das versuchen politische Gruppierungen etwa, indem sie Teilnehmer des Diskurses einschüchtern – mit Klagen, die zwar keine Aussicht auf Erfolg haben, aber die Betroffenen viel Zeit, Geld und Nerven kosten. Die Zahl solcher Klagen nimmt in ganz Europa zu, auch in den USA sind sie bei Auseinandersetzungen ein häufig genutztes Instrument. Dort spricht man von Strategic Lawsuit Against Public Participation (Slapp), also strategischen Klagen, die eine Teilnahme am (kritischen) öffentlichen Diskurs verhindern sollen. Dass die Abkürzung „Slapp“ dem englischen Ausdruck für Ohrfeige, „Slap“, ähnelt, ist beabsichtigt. (…) An dieser Stelle kommt im Fall von Maurice Conrad die Internetplattform FragDenStaat ins Spiel, die von dem gemeinnützigen Verein Open Knowledge Foundation Deutschland betrieben wird. Diese will nicht nur im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes das Recht jedes Bürgers auf Zugang zu amtlichen Informationen in der Praxis durchsetzen und beschreitet zu diesem Zweck bei Verweigerung auch den Rechtsweg. Unter dem Stichwort „Gegenrechtsschutz“ bietet FragDenStaat auch Rechtshilfe für Menschen, die etwa von der Jungen Alternative oder deren Mutterpartei AfD abgemahnt oder verklagt werden, weil sie sich in einem Medienartikel, in Tweets oder auch in einem Theaterstück kritisch geäußert haben, wie ein Sprecher erläutert. Sind die Voraussetzungen erfüllt, werden Betroffene beraten, kommt es zu Gerichtsverfahren, vertreten im Netzwerk des Vereins mitarbeitende Anwältinnen und Anwälte unentgeltlich die Hilfesuchenden. Ob man die Kriterien erfüllt, die Voraussetzung für eine Unterstützung durch den rein spendenfinanzierten Rechtsschutz sind, können Betroffene im Onlineportal nachschauen.

via faz: Wie die AfD ihre Kritiker mundtot klagen will