Innenministerin Faeser verbietet die rechtsextreme Artgemeinschaft. Diese veranstalteten germanische Treffen – und hielten Kontakte ins NSU-Umfeld. Sie trafen sich zu konspirativ zu Sommersonnenwendefeiern, sahen sich als völkische Elite. Am frühen Mittwochmorgen nun ließ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die rechtsextreme „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ verbieten. In 12 Bundesländern rückte die Polizei aus und durchsuchte die Wohnungen von 39 Beschuldigten. Faeser nannte die Artgemeinschaft eine „sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung“. Sie sei breit in der rechtsextremen Szene vernetzt und habe auch versucht, durch „eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen“. Faesers Ministerium hatte das Verbot seit einem Jahr vorbereitet. Die Artgemeinschaft gehört zu den ältesten rechtsextremen Organisationen in Deutschland – und versuchte ihr Tun meist im Verborgenen zu organisieren. Im völkischen Spektrum ist sie bundesweit die größte neonazistische Vereinigung. Schon 1951 gründete Alt-Nazi Wilhelm Kusserow eine Vorläuferorganisation, seit 1957 ist die Artgemeinschaft in Berlin als Verein eingetragen. Zu Veranstaltungen kamen zuletzt bis zu 300 Mitglieder, die dafür monatlich ein Prozent ihres Netto-Einkommens zahlten, mindestens aber 80 Euro im Jahr. (…) Regelmäßig traf sich die Artgemeinschaft zudem zu „Gemeinschaftstagen“, auch mit Kindern, zumeist in einer Herberge in Ilfeld im Thüringer Südharz. Teilnehmende traten dort in traditionellen Gewändern oder Hemden auf, es wurde getanzt und sich am „Metkessel“ versammelt. In Vorträgen wurde aber auch antisemitische und sozialdarwinistische Ideologie gepflegt. Eingeladen zu den Treffen wurden nur Mitglieder, über interne Kanäle. Vor Ort kam dann auch der „Gemeinschaftsrat“ zusammen, für einzelne Regionen gab es „Quartierwarte“. Fotos und Filmaufnahmen wurden auf den Treffen untersagt, betont wurde, dass es „keine Spaßveranstaltungen“ seien. Die Artgemeinschaft traf sich aber auch anderswo, etwa zu „Frauen-Wander-Wochenenden“ auf Usedom oder zum 70-jährigen Jubiläum der Gruppe etwa in Berlin-Lichterfelde, vor dem früheren Wohnhaus des Artgemeinschaft-Gründers Kusserow. Nach eigenen Auskünften wurden auch Kontakte zu skandinavischen, französischen oder italienischen Rechtsextremisten gepflegt. Kontakte auch ins NSU-Umfeld Zuletzt war länger der frühere NPD-Aktivist Jens Bauer aus Sachsen-Anhalt Anführer der Artgemeinschaft. Der gilt auch als Vertrauter des NSU-Waffenlieferanten Ralf Wohlleben und soll diesen nach seiner Haftentlassung 2018 zwischenzeitlich bei sich aufgenommen haben. Auch der NSU-Helfer André Eminger soll zumindest ein Treffen der Artgemeinschaft besucht haben. Im Sommer gab Bauer die Führung der Artgemeinschaft an seine Stellvertreterin Sabrina S. aus Bayern ab. Zu den Mitgliedern der Artgemeinschaft soll vor Jahren auch der Lübcke-Mörder Stephan Ernst gezählt haben. Laut Erkenntnissen von Sicherheitsbehörden soll er dann im Jahr 2011 ausgeschlossen worden sein, weil er seine Mitgliedsbeiträge nicht mehr bezahlt habe.

via taz: Rechtsextreme Artgemeinschaft verboten :Ende des völkischen Treibens

siehe auch: In zwölf Bundesländern Razzien gegen rechtsextreme “Artgemeinschaft”. Das Bundesinnenministerium hat eine rechtsextreme Organisation verboten. Außerdem fanden Razzien in zwölf Bundesländern statt. Das Bundesinnenministerium hat eine rechtsextremistische Vereinigung verboten, die sich “Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung” nennt. Wie das Ministerium mitteilte, durchsuchten Polizeibeamten in den Morgenstunden 26 Wohnungen und Räume von 39 Vereinsmitgliedern in zwölf Bundesländern: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. (…) Laut Bundesinnenministerium umfasst das Verbot auch alle Teilorganisationen der Bewegung, die nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden rund 150 Mitglieder hat. Dazu gehörten sogenannte “Gefährtschaften”, “Gilden”, “Freundeskreise” und ein Verein namens “Familienwerk”. In einer Publikation des Verfassungsschutzes von 2020 wurde die Gemeinschaft als “die derzeit größte deutsche neonazistische Vereinigung mit völkischer, rassistischer, antisemitischer sowie antichristlicher Ausprägung” bezeichnet. Ihre Mitglieder werden angehalten, möglichst viele Kinder zu bekommen; Bundesweite Razzia Rechtsextreme “Artgemeinschaft” verboten. Das Bundesinnenministerium hat den rassistisch-völkischen Verein “Artgemeinschaft” aufgelöst. Derzeit durchsucht die Polizei laut Informationen von WDR und NDR bundesweit Wohnungen. Den Verein gibt es seit 1951. Von Julian Feldmann, Florian Flade, Reiko Pinkert und Sebastian Pittelkow, NDR/WDR Seit den frühen Morgenstunden durchsucht die Polizei nach Informationen von WDR und NDR in zwölf Bundesländern bei 39 Mitgliedern des rassistisch-völkischen Vereins “Artgemeinschaft” die Wohnungen. Dabei beschlagnahmen die Beamten das Vereinsvermögen und sichern Beweise. Laut Bundesinnenministerium richtet sich die rechtsextreme Gruppe “gegen den Gedanken der Völkerverständigung” und “gegen die verfassungsmäßige Ordnung”. Ministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Vereinigung zudem verboten. Die Behörden gehen bei der “Artgemeinschaft” von bundesweit 150 Mitgliedern und zahlreichen Kindern und Jugendlichen aus. Etwa 40 Mitglieder werden dem harten Kern zugerechnet. Zu der Organisation sollen vor allem Ehepaare und zahlreiche Jugendliche und Kinder gehören. Die Vereinigung unterhält acht regionale “Gefährtenschaften” und “Freundeskreise”. Ihre Kinder werden nach angeblich heidnischen Bräuchen und germanischen Traditionen erzogen. Es handelt sich um ein bundesweit aktives Netzwerk von selbsternannten völkischen Siedlern.In Bayern soll die Polizei etwa die Wohnhäuser der “Artgemeinschaft”-Vorsitzenden Sabrina S. und der Schatzmeisterin des Vereins durchsuchen. Außerdem soll bei Mitgliedern in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen durchsucht werden. Neben Wohnungen sollen laut Informationen von WDR und NDR auch Grundstücke und Autos im Visier der Ermittler sein.