Rechtsextreme Provokationen in Dresden

Ein 38-jähriger Pflegehelfer aus Pirna macht mit Sieg-Heil-Rufen vor einer Kaufhalle in Dresden auf sich aufmerksam. Auch noch, als die Polizei längst da ist. Der Angeklagte wird wohl noch lange an jenen Sonnabend Anfang Juni dieses Jahres denken. Die Nacht hat er mit seinen Kumpels gesoffen, morgens Ärger mit der Freundin und ein gepfefferter Streit um den Umgang mit seiner Tochter. Jetzt ist die Frau seine Ex, die Tochter sieht er noch seltener und er stand am Dienstag auch noch wegen Verwendens verfassungswidriger Nazi-Kennzeichen und wüstester Beleidigungen von Polizisten vor dem Amtsgericht Dresden. Alles falsch gemacht, könnte man sagen. Laut Anklage stand der 38-Jährige aus Pirna um 9 Uhr vor dem Konsum in der Leubener Straße, schrie “Sieg Heil!” und reckte den rechten Arm zum sogenannten Hitlergruß. Auch nachdem Anwohner die Polizei alarmiert hatten, machte er damit weiter und beleidigte die Beamten. (…) Bei der Polizei hatte der Täter gesagt, er sei „leicht rechts“ und zu den Parolen “man sollte es öffentlich nicht so zeigen”. Zu Richter Markus Maier sagte er nun, er habe eine rechte Einstellung und begründete sie so: “Ich finde es merkwürdig, du wirst eingesperrt wegen Corona, und Flüchtlinge werden reingenommen. Das finde ich unfair.” Die Polizei habe “mit Ausländern auch immer mehr zu tun”. Es werde “ja immer schlimmer”. Dann schränkte er ein, dass er aber nur die Ausländer meine, die hier nicht arbeiten wollten. Das ist genau der Ton, der seit Jahren montags von Bühnen durch die Dresdner Innenstadt schallt. Dass der Angeklagte selbst mit seinen Eskapaden die Polizei vor dem Konsum für eineinhalb Stunden beschäftigte, dass die Beamten Verstärkung angefordert hatten, um den wild gewordenen Betrunkenen zu bändigen, das wurde nicht besonders thematisiert. Allerdings erwiderte der Richter, dass er zwar natürlich auch Ausländer vor sich als Angeklagte sitzen habe, dass er aber auch etwa über Taten zu urteilen hatte, als drei junge Frauen von deutschen Tätern an einer Haltestelle zusammengeschlagen wurden, einzig und allein, weil sie eine schwarze Hautfarbe hatten. An ein wichtiges Datum, die erste Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und versuchter Körperverletzung, wollte er sich aber nicht erinnern: 2018 erhielt er eine einschlägige Vorstrafe in Chemnitz. (…) Was im Anklagevorwurf nicht stand, aber der 38-Jährige später einräumte: Er hatte sich an jenem Morgen selbst ein Messer in den Bauch gerammt, ehe er die Parolen grölte. Warum, blieb offen, zeigte aber, dass der Mann noch ganz andere Probleme mit sich herumschleppt. Drei Tage lag hatte er nach der Festnahme in einer Klinik gelegen. (…) Richter Maier verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 2.625 Euro. So hatte es die Staatsanwältin gefordert. Strafschärfend wertete der Richter, dass der 38-Jährige nicht nur einschlägig vorbestraft ist, sondern im Juni vor dem Konsum auch noch weitergemacht hatte, als die Polizei schon vor Ort gewesen sei: “Das war kein Ausrutscher.” Das Urteil ist rechtskräftig.

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