Fast täglich taucht der Begriff „südländisches Aussehen“ in Polizeiberichten auf. Forscherin Clara Ervedosa hat untersucht, wie eine staatliche Institution damit das Bild vermeintlich krimineller Fremder zementiert. Es ist eine typische Polizeimeldung aus einer deutschen Stadt: „(…) Die Beschreibung des mutmaßlichen Täters folgt: „165 bis 170 cm groß, schlanke Figur, weißes T-Shirt mit roter Aufschrift, knielange Jeanshose, kurze, dunkle Haare. […] Er wird als Südländer beschrieben.“ Anruf bei der Polizeistelle: „Was genau muss ich mir unter einem ‚Südländer‘ vorstellen?“ Antwort des Sprechers: „Offensichtlich handelt es sich nicht um einen Schweden, Finnen oder Dänen.“ Der Begriff sei verwendet worden, weil die Geschädigte den mutmaßlichen Täter so beschrieben habe. Wenn man zehn Leute befragen würde, was sie unter „südländisch“ verstünden, bekäme man zehn unterschiedliche Antworten, so der Sprecher. „Aber unterm Strich kommt man schon etwa beim Gleichen raus.“ Die Bevölkerung verbinde damit laut Sprecher: dunklere Haut und Augen und schwarze Haare. Der Begriff „Südländer*in“ oder auch „südländisches Aussehen“ ist in vielen Polizeimeldungen Standard. (…) Das ist ein Problem, sagt Clara Ervedosa. Die Germanistin von der Universität Coimbra in Portugal forscht zu Migration, Rassismus und Sprache. Im Juni hat sie einen wissenschaftlichen Artikel mit dem Titel The Perpetrator is a „Southerner“: „Südländer“ as Racial Profiling in German Police Reports veröffentlicht. Für ihren Artikel hat Ervedosa zwei Datenbanken genutzt, die analysieren, welche Worte digital wo und wie häufig verwendet werden. „Den Begriff ‚Südländer*in‘ nutzen vor allem Polizei und die Medien“, sagt sie. In ihrem Artikel argumentiert Ervedosa, dass die Polizei so rassistische Stereotype reproduziert. „Was genau soll eine ‚Südländerin‘ sein?“, fragt sie im Gespräch mit ze.tt. Es sei eben kein geographischer Begriff, weil mit „Südländerinnen“ nicht Menschen aus Australien oder der Schweiz gemeint sind – Länder, die von Deutschland aus gesehen auch im Süden liegen. „Es ist ein versteckter Begriff für einen bestimmten Phänotyp“, sagt die Germanistin. Im Kern meint „Südländerin“ Mensch mit dunklerer Hautfarbe. Es impliziert aber noch mehr. „‚Südländer*innen‘ werden auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale zugeschrieben. Sie gelten als emotional, temperamentvoll, irrational und als Menschen, die schnell zur Waffe greifen.“ Durch die Verwendung des Begriffs zementiere die Polizei ein Bild, das so auch in Teilen der Bevölkerung vorherrsche. Nämlich dass Menschen, die so aussehen, besonders kriminell sind. Dabei besteht dieser vereinfachende Zusammenhang gar nicht. Der Begriff ist aus ihrer Sicht aber noch aus einem weiteren Grund problematisch. „Menschen mit diesem Erscheinungsbild werden nicht als Deutsche angesehen.“ In Polizeimeldungen finde sich nie die Beschreibung „keltischer Typ“. Dass die Polizei mutmaßliche Täterinnen äußerlich beschreibt, um sie leichter zu finden, sei nicht das Problem, sagt sie. Aber warum die ausgrenzende und abwertende Pauschalisierung „Südländerin“ benutzen?

via ze.tt: „Der Täter wird als Südländer beschrieben“ – wie die Polizei rassistische Stereotype reproduziert

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