Jeder Athener Taxifahrer weiß, wo er wohnt: direkt unterhalb der Akropolis, mit Blick auf den Parthenon von seiner Dachterrasse aus. Mikis Theodorakis ist eine Institution, nicht nur in Griechenland. Ein Komponist, der die Grenzen zwischen E-Musik und U-Musik niedergerissen hat und politisch immer für die Versöhnung verfeindeter Lager gekämpft hat. Am 29. Juli 2020 feiert Theodorakis seinen 95. Geburtstag. (…) Der Mann, der das musikalische Bild Griechenlands geprägt hat wie kein zweiter, wurde in seiner Heimat immer wieder verboten, verbannt, mit dem Tode bedroht. Denn Mikis Theodorakis ist ein überzeugter Linker – seit er als junger Mann während des Zweiten Weltkriegs im Widerstand gegen die deutschen Besatzer kämpft. Den griechischen Bürgerkrieg überlebt er nur knapp, er wird ins Konzentrationslager deportiert, gefoltert, lebendig begraben. Später, nach dem Militärputsch 1967, wird er erneut inhaftiert. Sogar auf das Hören seiner Lieder steht Gefängnis. Aber Theodorakis zerbricht nicht und lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Im Exil gibt er 500 Konzerte weltweit, um zum Sturz des Regimes aufzurufen. (…) Dass Theodorakis auch noch als 95-jähriger wie ein Volksheld umjubelt wird, dass das Wort des einstigen Parlamentsabgeordneten und sogar Ministers noch immer Gewicht hat, liegt nicht zuletzt an diesen Liedern, die von so unterschiedlichen Künstlerinnen wie Maria Farantouri, Milva und Jocelyn B. Smith gesungen wurden und inzwischen weltweit zum Volksgut zählen. Mit seinen Melodien ist Mikis Theodorakis schon zu Lebzeiten unsterblich geworden.

via br klassik: Mikis Theodorakis zum 95. Geburtstag – Ein Komponist als Volksheld verehrt

siehe auch: Der unberechenbare Volksheld wird 95. Er ist lebende Legende, Volksheld, eine Ikone der griechischen Kultur: Mikis Theodorakis. Heute wird er 95 Jahre alt. Theodorakis ist Komponist, Politiker, Schriftsteller – und vor allem ein Kämpfer für die Freiheit. Theodorakis hat selbst viel Gewalt, viel Unterdrückung erleiden müssen. Drei Mal war er in Lagerhaft, wurde gefoltert. Während des Zweiten Weltkriegs, als deutsche Nazi-Truppen Griechenland besetzten, schloss sich der junge Mikis Theodorakis den kommunistischen Widerstandskämpfern an. Er kam in Lagerhaft, war nach Kriegsende kurz frei, aber dann brach in Griechenland der Bürgerkrieg aus und die Machthaber steckten Theodorakis ins berüchtigte Folterlager auf der Gefangenen-Insel Makrónisos. Über diese Zeit sagte Mikis Theodorakis später einmal: “Wir wussten nicht, ob wir den nächsten Tag überleben würden. Wir hatten kein Wasser auf Makrónisos. Durst ist das Schlimmste. Es war sehr schwer. Musik zu schreiben, das war für mich der Ausweg.” Komponieren, das half ihm durchzuhalten, das half ihm zu überleben – und als er endlich frei war, studierte er in Paris Musik, komponierte große Symphonien. “Das war schon anstrengend”, sagte Theodorakis einmal in einem Interview: “Wenn mir das zu trocken und theoretisch wurde, habe ich zur Erholung wieder Volkslieder komponiert, und das machte mich wieder fit und aktiv für den politischen Kampf.” In 1967 übernehmen die Militärs die Macht in Griechenland. Sie verhaften Mikis Theodorakis und verbieten seine Lieder. Die aber werden zum Symbol des Widerstands gegen die Diktatur. Nur noch ausländische Sender wie die Deutsche Welle in Köln spielen die Musik, die vielen Griechen so viel bedeutet.
Parlamentarier für Kommunisten und Konservative Wie ein Volksheld wird Mikis Theodorakis gefeiert, als er nach dem Ende der Militär-Diktatur nach Athen zurückkehrt. Und auch heute noch gilt: Wann immer seine Lieder in einer Taverne erklingen, sogleich singt der halbe Saal mit. Mikis Theodorakis: Komponist und Kämpfer; Patriot und Politiker, immer rastlos, immer streitbar. Er saß für die Kommunisten im Parlament und später für die Konservativen. Er wurde Minister und kämpfte für die Aussöhnung zwischen Griechen und Türken. Er geißelte die Sparpolitik der EU und trat zuletzt vor zwei Jahren bei einer Demonstration auf – gegen den Kompromiss im Namensstreit mit dem Nachbarland, dass nun offiziell “Nordmazedonien” heißt. Das Wort “Mazedonien” sei griechisch, das dürfe das Nachbarland nicht benutzen, meinte Theodorakis und ließ sich dafür von Nationalisten und Rechtsradikalen bejubeln.

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