Wäre die AfD so bürgerlich, wie sie tut, dann würde sie gar nicht erst darüber streiten, ob sie den Rechtsextremisten Andreas Kalbitz ausschließen sollte. Es wäre selbstverständlich. Was die Ausdehnung rechten Gedankenguts angeht, ist in den letzten Jahren oft vor einer “Normalisierung” gewarnt worden. Nicht zu Unrecht. Denn es entspricht der menschlichen Natur, sich auch an das zu gewöhnen, was im ersten Moment Schrecken verbreitet und empört. Daran sollte man sich erinnern, wenn es um die aktuelle Situation in der AfD geht, namentlich um die juristischen Auseinandersetzungen rund um die Annullierung der AfD-Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz, dem Spiritus Rector des völkischen Teils der AfD. Viel liest man darüber, hat sich gewissermaßen schon an diesen Machtkampf gewöhnt. Aber eigentlich ist gar nichts daran normal. (…) Ins Rollen gekommen war das Ganze, weil das Bundesamt für Verfassungsschutz Kalbitz Mitte März als rechtsextremistisch eingestuft und dies unter anderem damit begründet hatte, dass eine “Familie Andreas Kalbitz” unter der Mitgliedsnummer “01330” bei der HDJ geführt worden sei. Kalbitz bestreitet diese Mitgliedschaft. Unstrittig ist allerdings, dass er 2007 ein Pfingstlager der HDJ besucht hat. Man halte an dieser Stelle inne und denke darüber nach, worüber wir hier eigentlich sprechen: über die parteiinterne Auseinandersetzung mit einem Mann, der seit Mitte März offiziell vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft ist, als ein Verfassungsfeind. Das ist die Realität der AfD, von der ihr Ehrenvorsitzender Alexander Gauland behauptet, sie sei “bürgerlich”. Was für eine Farce. Tatsächlich ist nichts an der AfD bürgerlich. Und ebenso wenig konservativ. Gewiss, es gibt Bürgerliche, die in der AfD mitmachen, weil sie sich gedanklich in einen rechten Irrgarten begeben haben und nicht mehr herausfinden. Aber die Partei selbst ist nicht bürgerlich. In jeder tatsächlich bürgerlichen Partei wäre es ganz und gar undenkbar, überhaupt groß darüber zu debattieren, ob ein Rechtsextremist in der Partei verbleiben kann.

via spiegel: AfD-Konflikt um Kalbitz Kein Richtungsstreit, nur eine Farce