Thüringen hat nun einen FDP-Ministerpräsidenten von Gnaden der AfD. Ist das die „bürgerliche Mitte“? Haha. Gewonnen hat vor allem ein Faschist. Vielleicht hat die Thüringer AfD-Fraktion am Ende nur die Gunst der Stunde genutzt. Und die Erzählung, mit der ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Stefan Möller nun hausieren geht, entspricht nicht der Wahrheit. Wie so viele Erzählungen dieser Partei wenig mit der Wahrheit gemein haben. Möllers Erzählung geht so: Die AfD habe, strategisch geschickt, zuerst mit ihrem eigenen Kandidaten Thomas Kemmerich, den neuen Thüringer Ministerpräsidenten von der FDP, zur Kandidatur gelockt. Um dann – trotz eigenem Kandidaten – geschlossen für Kemmerich gestimmt. Damit habe sie ihr Ziel erreicht, den Linken Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten zu verhindern. Ein ausgefuchster Plan also. So oder so: Der Thüringer AfD ist ein Coup geglückt. Der Sieger vom Mittwoch heißt Björn Höcke. Aus gleich mehreren Gründen. Erstens hat – das ist offensichtlich – Thüringen nun einen Ministerpräsidenten von Gnaden der AfD. FDP und CDU haben gemeinsame Sache mit der radikal rechten Partei gemacht – dass sie damit rechnen mussten, hat Kemmerich inzwischen eingeräumt. Gemeinsame Sache ausgerechnet mit dem Landesverband, der innerhalb der rechten Partei ganz rechtsaußen steht. Höcke, ihren Chef, darf man mit richterlichem Segen einen Faschisten nennen, der Verfassungsschutz prüft derzeit eine Beobachtung. Damit hat die Brandmauer, die FDP und insbesondere die CDU ziehen wollten und die zum Schutz der Demokratie dringend nötig ist, tiefe Risse bekommen. (…) Höcke darf aber auch parteiintern einen Sieg verbuchen. So ein Coup ist in der Partei noch niemanden geglückt. Es hagelte Glückwünsche auch von denen, die Höcke eigentlich kritisch gegenüberstehen. Das stärkt ihn und seinen „Flügel“ weiter, Kritik wird noch weiter verstummen. Die AfD ist immer fester in Flügelhand.

via taz: Coup der AfD in Thüringen – Der Sieger heißt Höcke

siehe auch: Kramp-Karrenbauer will vor “AfD-Volte” gewarnt haben. Die CDU-Vorsitzende sagt, sie habe die FDP gebeten, keinen Kandidaten in Thüringen aufzustellen. SPD und Union werden im Koalitionsausschuss über Konsequenzen reden. Vor der Überraschung bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nach eigenen Angaben sowohl ihren Landesverband als auch FDP-Chef Christian Lindner auf die Gefahr einer “AfD-Volte” hingewiesen. Sie habe Lindner “herzlich gebeten”, keinen Kandidaten aufzustellen, sagte Kramp-Karrenbauer am Mittwochabend im heute-journal im ZDF. Aber auch er sei offensichtlich bei seinen Thüringer Parteifreunden nicht durchgedrungen. (…) Auch Kramp-Karrenbauer hat ihre Thüringer Parteifreunde vor einer Zusammenarbeit mit Kemmerich gewarnt. Er habe keine parlamentarische Mehrheit, er müsse sich immer auf der AfD abstützen, sagte sie im ZDF. “Wir haben eine ganz klare Beschlusslage, dass es Zusammenarbeit mit AfD nicht geben wird, und deswegen wäre eine Unterstützung dieses Ministerpräsidenten durch die CDU vor Ort auch ein Verstoß gegen die Beschlusslage der CDU Deutschlands, mit den entsprechenden Folgen.”